Wo bitte liegt "Hinterbayern"? - Unterhaltsamer Abend mit den Waldler-Buam
Von Vorsitzendem Martin Graf gabs als Eintrittskarte eine Eichel zum Einpflanzen, und dann legte Herbert Pöhnl, Fotograf, Schriftsteller und Satirenschreiber, mit seinen musikalischen Hinterwäldlern und zünftiger Musik los. Dazu gab es Bilder der Kontraste zu sehen:
Ein verfallenes Häusl mit Fabrikschornsteinen im Hintergrund, eine Brücke ohne Straße, Licht und Schattenspiele im alten Stadel.
Aber auch über einen Biergarten ganz ohne Baum, einen Dorfanger mit lackierter Schubkarre und Blumen auf ödem Grün oder eine einsame Kutsche auf leerer Autostraße konnte man sich wundern.
Zünftig sahen sie aus, die vier Buam vom Herbert Pöhnl: Hartwig Löfflmann (Tuba), Theo Hofmann Schlagzeug), Roland Pongratz (Steirische) und Christoph Pfeffer (Gitarre) traten mal als unheimlicher Waldprophet Mühlhiasl in Holzschuhen und Lammfell auf und
dann als begeisterter Identitätsmanager, der die bayerische Kultur erfinden und die Urbaiern in geplantes Visitercenter "einbauen“ will. Doch bei den Urwaidlern stimmt nichts, sie haben nicht die richtige Tracht, sprechen die falsche Sprache, ihr Dorf ist nicht "hübsch". Eine gnadenlose Vermarktung wird entworfen mit der "Miss-Arber-Wahl" , einer RockNight am Glasofen, einer Knödelflatrate.
Alles nimmt er aufs Korn, der Herbert Pöhnl: Die falsche Lüftlmalerei an den Häusern, das Verhübschen von Begriffen wie "Stüberl", die Vorliebe für Pizza, Cola-Weiße und Tiramisu. Achtung: Obstbäume schmutzen! Die Hobby-Heimatkundler haben die Heimat hingerichtet, sagt Pöhnl. Sie ignorieren Hunger, Armut, Kinderarbeit und die harten Winter der Waldler. Sie verschandeln die Sprache und die Natur. Beklemmend ist das für den Zuhörer, und eigentlich nicht zum Lachen. Aber lachen darf man trotzdem bei Herbert Pöhnl, über seine vier Buam und ihre grandiose Musik, die mal zünftig, mal leise, mal schweizerisch daherkommt. Stifters Gedicht „Waldwoge" wird zitiert bis zum Gehtnichtmehr, der Begriff "Schnee heign" wird erklärt, und dann wird auf der Bühne gejodelt, geschuhplattelt und gerauft. Wie sich das gehört bei einem Heimatabend. Waldvereinsvorsitzende Martin Graf darf dirigieren, und Schluss gibt Pöhnl seinen Zuhörern noch einen heißen Tipp mit auf den Weg: "Dübelt mal fleißig Rechen, Dreschflegel und alte Wagenräder an eure Hauswände".
Bericht und Bild : Straubinger Tagblatt, 29.4.2010 (erö)