Eine unberührte Natur sollte den Vorrang vor menschlicher Nutzung haben, sagte der Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald, Dr. Franz Leibl, bei seinem Vortrag vor dem Bayerischen Wald-Verein, Sektion Mitterfels, im Saal des Gasthauses Fischer-Veri in Mitterfels. Trotzdem sei es eine wichtige Philosophie des Nationalparks, dies alles auch den Menschen nahe zu bringen.
Nach den einleitenden Worten des Vorsitzenden Martin Graf ging Leibl vor zahlreichen Besuchern in der Hauptsache auf die aktuelle Waldentwicklung und die damit verbundene belebte Umwelt sowie auf die Möglichkeiten, die Natur in besonderer Weise erleben zu können, ein. Seine Ausführungen waren mit einer Informativen Dia-Schau unterlegt. Die natürlichen Lebensräume des Nationalparks sind zum einen der Bergfichtenwald hauptsächlich in den höheren Lagen ab zirka 1 100 Meter; der Bergmischwald an den Süd- und Südwesthängen, wo neben Fichten auch Tannen, Rotbuchen und der Bergahorn wachsen und flächenmäßig der bedeutendste Lebensraum im Nationalpark ist. In den feuchteren Gebieten finden wir den Aufichtenwald mit vereinzeltem Wachstum von Tannen, Vogelbeeren und Moorbirken. Weitere Naturlandschaften sind die Hochmoore mit einer Vielfalt an Moosen und Gräsern in Abwechslung mit Zwergsträuchern und Latschenkiefer sowie die waldfreien Schachten, welche durch ihren Bewuchs vielen zum Teil seltenen Insekten-, Vogel-, Reptilien- und Fledermausarten neuen Lebensraum bieten. Die Schachten seien durch die frühere Beweidung entstanden; am Ruckowitzschachten wurden jetzt während der Sommermonate wieder Rinder angesiedelt, welche dort einen natürlichen Lebensraum gefunden haben. Insgesamt sind 99 Prozent der Fläche des Nationalparks bewaldet, zirka ein Prozent stellen die Hochmoore sowie die Schachten dar.
Unter dem Motto „Natur Natur sein lassen“, so Leibl, entwickeln sich über 40 Jahre besonders ausgewiesene Waldlandschaften nach ihrem natürlichen Verlauf, alles bleibt so, wie die Natur es vorgibt, die Natur wird Gestalter des Waldes, und man fühlt sich in die Zeiten der Urwälder zurückversetzt. So ähnelt die Natur heute teilweise schon wieder Zeichnungen aus dem 18./19. Jahrhundert. Hier sei auch zu beobachten, dass Tiere, die stark reduziert oder ausgestorben waren, sich wieder heimisch fühlen. Der seit 1975 ausgestorbene Habichtskauz habe sich eingebürgert; die Population der Auerhähne, die besonderer Lebensbedingungen bedürfen, vergrößerte sich und durch das Totholz konnten seltene Käferarten wiederentdeckt werden. Immer mehr Luchse werden beobachtet und zusammen mit dem tschechischen Gebiet handelt es sich um den größten Verbreitungsraum in Europa.
Sehr interessant war eine vorgestellte Bilderserie, welche die Entwicklung eines Waldstückes zirka 20 Jahre nach einem starkem Borkenkäferbefall zeigte. Die Vegetation hat sich in dieser Zeit erholt und wächst in einer sehr natürlichen Form wieder auf, so wie sie sicher einmal vor der Nutzung durch die Menschen ausgesehen haben dürfte. Auch nach vielen Sturmschäden konnte man das feststellen. Dies zeige, dass man sich auf die Stärke der Natur, sich von alleine zu regenerieren, verlassen könne. Um jedoch die angrenzenden Wälder zu schützen, wird in den Randzonen des Nationalparks dafür gesorgt, dass sich der Borkenkäfer nicht verbreiten kann. Leibl führte aus, dass eine unberührte Natur den Vorrang vor menschlicher Nutzung haben sollte, trotzdem sei eine wichtige Philosophie des Nationalparks, dies den Menschen nahe zu bringen. So kann man den Nationalpark ganzjährig besuchen, es gibt zwei Informationszentren, Tierfreigehege sowie ein Waldgeschichtliches Museum.
Die Besucher (es kommen jährlich über eine Million) können auf markierten Wander- und Radwegen und Loipen im Winter auf eigene Faust oder mit Führungen diese Kulturlandschaft erkunden; Informationstafeln weisen auf die Besonderheiten hin. Besondere Programme gibt es für Kinder und Jugendliche, für Schulklassen werden Camps angeboten. Danach beantwortete Leibl zahlreiche Fragen und lud die Mitglieder des Bayerwald-Vereins zu einer geführten Wanderung im Nationalpark im Sommer ein, was gerne angenommen wurde.
Bogener Zeitung, Landkreis Straubing-Bogen, 27.01.2015, erö