Ungewöhnlich, unglaublich und einfach lustig
(erö) Ungewöhnliches bietet die neue Theatergruppe um Franz Aichinger, ungewöhnlich ist das Programmheft mit jeder Menge Probenfotos, ohne Inhaltsbeschreibung, aber mit einem Salatrezept am Schluss, am Ungewöhnlichsten aber ist die anrüchige "Hauptsache", um die sich alles dreht in dem Stück: "Die unglaubliche G'schicht vom g'stohlenen Stinkerkas". Am Freitagabend war Premiere und sorgte im Steinburger Hof (Steinburg) für ein proppenvolles Haus. Franz Aichingers Theaterfreunde nennt sich die Laienspielgruppe, die mit Elan und Schwung, mit Temperament und viel Charme die Geschichte vom verschwundenen Stinkerkas erzählt und spielt.
Ein Lustspiel in drei Akten von Bernd Gombold und in Szene gesetzt von Franz Aichinger, der nach 20 Jahren Bühnenerfahrung den Versuch wagt, als Regisseur eigene Ideen und Vorstellungen auf der Bühne umzusetzen. Der große Saal im Steinburger Hof bietet dafür den idealen Rahmen. Damit der Zuschauer gleich weiß, was ihn erwartet, gibt's schon vor dem Heben des Vorhangs einen handfesten Ehestreit zwischen Aichinger und seiner wortgewaltigen Ehefrau und Souffleuse Hildegard, die ihren Mann bei der Begrüßung nicht zu Wort kommen lässt. Und so geht's auch auf der Bühne weiter. Zwei erzürnte Ehefrauen, Pauline Schreiner (Andrea Werner) und Klara Meierlein (Claudia Fischer), geben ihren Männern, dem Schreinermeister Sepp Schreiner (Tom Schneil), und Sigi Meierlein (Johannes Hötzl), seines Zeichens Dorfpolizist, "Saures ", weil die sich nach der Weihnachtsfeier des Musikvereins die ganze Nacht herumgetrieben haben. Dritter im Bund ist Sepps Sohn Toni (Mario Assmann), verlobt mit der feschen Eva (Kerstin Buschmann).
Viel Alkohol ist geflossen, und die drei Helden können sich an nichts mehr erinnern. Fatal nur, dass in der Schreinerwerkstatt eine zerbrochene Leiter und ein abgerissener Fensterladen auftauchen. Leider fehlen dem Sepp ein Schuh und sein Geldbeutel und der Sigi vermisst die Schnupftabakdose. Dann kommt auch noch die Pfarrersköchin Eugenie (Ilse Wiesmüller) daher und zeigt den Diebstahl eines Stinkerkas an. Irgendwie in die Sache verwickelt ist auch Hugo Oberleitner, Dirigent des Musikvereins (Xaver Bugl) und Vater von Eva. Aber da gibt es noch Evas Zwillingsschwester Tina aus Amerika, kess und sexy, mit starkem amerikanischem Akzent. Hier ist Kerstin Buschmann in einer Doppelrolle zu sehen.
In drei Akten voller Witz und überraschenden Gags entwickelt sich eine Geschichte, die zu Tränen, Lachtränen natürlich, rührt, denn hier wird zwar Laientheater gemacht, aber vom Feinsten. Jede Geste sitzt perfekt, die Gags kommen am laufenden Band, die Spannung reißt drei Stunden lang nicht ab. Erstaunlich, wie Franz Aichinger seine Truppe motiviert und was er alles aus den Spielern herausholt. Ilse Wiesmüller als naive, keusche Eugenie mit Hut und Lockenperücke ist zum Schreien komisch.
Pauline und Klara sind erschreckend bissige Weiber, die reinsten Furien, und die junge Eva schenkt ihrem Toni auch nichts. Zwillingsschwester Tina ist ein freches Schmeichelkätzchen, und Hugo Obermeier mutiert ganz plötzlich vom vor Zorn schnaubenden Vater zum Angeklagten. Und dann die drei Schwerenöter: Tom Schneil ist ein so überzeugender armer Wicht, dass ihm sofort die ganze Zuneigung der Zuschauer gehört. Und der arme Sigi, der mit seiner Hose auch den Respekt des Polizisten verliert, läuft immer mehr zu großer Form auf. Was Mario Assmann als Toni angeht, so hat man ihn selten so lebendig und präsent auf der Bühne erlebt wie hier. Das Bühnenbild, eine liebevoll ausgestattete Schreinerwerkstatt, ist ebenso perfekt geraten wie Maske (Petra Peschke) und Frisuren (Tina Groß).
Inspizientin Tina Groß sorgt als Mädchen für alles für Beleuchtung und Vorhang. Franz Aichinger und seine Freunde machen junges, lebendiges Theater, Theater mal einfach zum „Ablachen“ – warum eigentlich nicht.
Die Aufführungen am Wochenende 16., 17. und 18. März, jeweils um 20 Uhr, sind weitgehend ausverkauft. (Einzelkarten eventuell unter Telefon 09961/6405). In der Pause gibt es Snacks und Getränke.
Elisabeth Röhn, in: SR-Tagblatt vom 12. März 2012, Seite 19