"Die Elefanten vom Hirschenstein" - Bäume im landkreis sind wassergierig
Mitterfels. Ein schmaler Weg mitten durch den Mitterfelser Wald. Die dürren Äste knacken, rot und gelb gefärbtes Laub liegt überall am Boden herum. Die Bäume sind größtenteils kahl geworden. Und doch steht der Wald dicht wie eine Armee da. Nichtsdestotrotz gelingt es der Sonne immer wieder, sich einen Weg durch die dichten Kronen der Bäume zu bahnen, direkt auf die Waldklimastation Mitterfels.
Die Waldklimastation in Mitterfels ist die einzige von insgesamt 17 in ganz Bayern, die sich im Bayerischen Wald befindet und ist zudem noch Schwerpunktstation für Umwelteinflüsse. Zuständig ist Klaus Stögbauer, Bereichsleiter für Forsten, vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Straubing. Vor Ort haben Revierförster Peter Zach vom Forstrevier Konzell und Probennehmer Johann Menauer das Zepter in der Hand.
Für viele Menschen klinge es schier unglaublich, aber "seit fast zehn Jahren ist im Winter kein Bodenfrost mehr festgestellt worden", sagte Zach. Messungen bewiesen, dass selbst im Januar und Februar, wo der Winter am meisten wütet und tobt, die Bodentemperatur nicht unter ein Grad sinke. Und mehr noch, je tiefer die Messsonden unter der Erde liegen, desto wärmer wird es. "Das liegt vor allem an der Schneedecke. Diese hat eine isolierende Wirkung auf den Boden, sodass Bodenfrost gar nicht erst entsteht", erklärte Zach. Für die Bäume und den Waldbestand sei das natürlich eine positive Auswirkung des Klimawandels, da Frostschäden vermieden werden können. Die Forstwirte hingegen sind davon alles andere als erfreut, wie Stögbauer die Situation der Waldbesitzer verdeutlicht. Kaputte oder morsche Bäume würden meist in den Wintermonaten aus dem Wald "gerückt" , wie der Fachmann es bezeichne. "Gerade weil der Boden aber nicht gefroren ist, sondern oft matschig und nachgiebig, hinterlässt der Harvester tiefe Rückegassen, die im Frühjahr wieder behoben werden müssen."
Längere Wachstumsperiode durch Erderwärmung
Durch die allgemeine Erderwärmung habe sich aber auch die Vegetation der Bäume verändert, wie Menauer verdeutlicht. Anhand seiner wöchentlichen Kontrollen stelle er fest, dass der Blattaustrieb schon viel eher beginne als noch vor rund zehn Jahren, die Blätter verfärben sich aber erst später und fallen auch deutlich später ab. Die Bäume hätten also mehr Zeit zum Gedeihen und Wachsen. Deshalb dauere es heutzutage vergleichsweise gar nicht mehr so lange, bis eine Tanne oder eine Buche eine Größe von ungefähr ein bis zwei Metern erreiche.
Besonders brisant sei derzeit aber der fehlende Regen, sagte Zach. "Seit fast sechs Wochen hat es keinen Tropfen mehr geregnet." Sollte es im November nicht mehr regnen, so wird der November 2011 laut Zach der trockenste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Und die gibt es nachweislich schon seit über 100 Jahren. Insgesamt werde für den Landkreis Straubing-Bogen ein durchschnittlicher Jahresniederschlag von 1400 Millimetern gemessen. Davon verbrauchten fast zwei Drittel die Bäume selber, nur rund ein Drittel trage zur Neubildung von Grundwasser bei. Vor allem die Buchen brauchen viel Wasser. "Die sind ähnlich wassergierig wie Elefanten", scherzte Stögbauer. Im Schnitt benötigen Laubbäume bis zu drei Liter pro Quadratmeter. "Da ist die Größe der Krone dann natürlich ein wesentlicher Aspekt. Denn je größer die Krone, desto mehr Wasser saugt der Baum auf."
Laubbäume brauchen mehr Wasser
Beim Wasserverbrauch glichen sich aber Nadel- und Laubbäume im Wesentlichen recht gut aus. Laubbäume brauchten zwar in der Vegetationszeit viel mehr Wasser als die Nadelbäume. Aber sei das Laub erst abgefallen, reduziere sich der Wasserbedarf auf ein Minimum. "Nadelbäume hingegen brauchen das ganze Jahr über Wasser, da Nadeln nun mal nicht abfallen", sagte Zach. Im kommenden Jahrhundert sei ein Temperaturanstieg von rund zwei Grad zu erwarten, das belegen aktuelle Studien. In der Konsequenz werde somit auch die Jahrestemperatur ansteigen, von derzeit acht auf rund zehn Grad.
Diese Entwicklung werde sich vor allem negativ auf die Fichtenbestände auswirken, da diese Baumart vermehrt in Gebieten auftauche, in denen die Durchschnittstemperatur unter neun Grad liege. "Eine vorausschauende Pflanzweise wird in den kommenden Jahren immer entscheidender sein", veranschaulichte Stögbauer die Problematik. Daher werde nun von Experten empfohlen, Mischbaumarten zu pflanzen, wie zum Beispiel Buche oder auch Ahorn.
-kam- ( SR-Tagblatt, 26.11.2011)