"Mitarbeiter haben hier auch ihre Freunde" - 45 neue Arbeitsplätze
Ein großer Tag in der Behinderteneinrichtung Bruder-Konrad-Werkstätte der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) Regensburg: Nach fast zweijähriger Planungs- und Bauzeit wurde der Erweiterungsbau mit 45 neuen Arbeitsplätzen im Rahmen eines Festaktes von Prälat Dr. Josef Schweiger, Vorsitzender der KJF, feierlich eingeweiht.
Die Behindertenwerkstätte drohte aus allen Nähten zu platzen. Neuaufnahmen waren nicht mehr möglich, erklärte KJF-Direktor Michael Eibl. Umso wichtiger sei eine Erweiterung geworden. Für die Gesamtkosten von rund 2,3 Millionen Euro gab es Zuschüsse in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro, davon steuerten der Bezirk 94.500 Euro und die Bundesagentur für Arbeit 189.000 Euro bei. Das Integrations-Amt Zentrum Bayern Familie und Soziales bewilligte eine Förderung in Höhe von knapp 1,3 Millionen Euro, darunter ein Förderbetrag von einer Million Euro aus dem Konjunkturpaket II.
Neubauten und Optimierungen
Die Werkstättenerweiterung umfasst Neubauten wie zusätzlich 240 Quadratmeter für die Montageabteilung mit Sanitärräumen und einer fünften Montagegruppe. Die Wäscherei erhielt 76 zusätzliche Quadratmeter Fläche, die Küche einen separaten Eingang, eigene Sanitär- und Umkleideräume sowie Toiletten. Höchste Priorität hatte die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze. So wurden ein Teil der Arbeitstische höhenverstellbar und Möbel ergonomisch angepasst, Duschen und Toiletten Rollstuhl geeignet eingerichtet. In der neuen Lagerhalle können Lastwagen überdacht be- und entladen werden. Die Bruder-Konrad-Werkstätte ist einer von acht Standorten der KJF-Werkstätten gemeinnützige GmbH und beschäftigt Menschen, die wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung nicht oder noch nicht auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. Der Betrieb in Mitterfels wurde 1990 geschaffen, um den Pendlern aus dem Bayerischen Wald einen wohnortnahen Arbeitsplatz anzubieten. 1995 erweiterte die KJF die ursprünglich 70 Arbeitsplätze auf 120, durch den Erweiterungsbau entstanden nun weitere 45 Plätze.
Die geistliche Feier in der festlich geschmückten Halle mit zahlreichen Ehrengästen und allen Beschäftigten stand unter dem Motto "Off limits - Zutritt verboten, was wir von behinderten Menschen lernen können", die musikalische Umrahmung hatten die Saxophoniker (Straubing) übernommen, und der Werkstättenchor unter der Leitung von Maria Stocker sang zu Ehren des Schutzpatrons das Bruder-Konrad-Lied.
Der Wert eines Menschen sei unabhängig von seinen Leistungen und Erfolgen, betonte Prälat Schweiger. Wie bei einem Leib und seinen Gliedern gebe es stärkere und schwächere Glieder. Aufgabe der Stärkeren sei es, für die Schwächeren Sorge zu tragen.
Arbeit passt sich dem Menschen an
Eine Einrichtung von unschätzbarem Wert nannte MdB Ernst Hinsken die Behindertenwerkstätte. Hier werde dem Schwächeren der Gesellschaft gegeben, was er dringend brauche: Sinn und Lebensqualität. Dank der Erweiterung des Konjunkturprogramms sei es gelungen die Bruder-Konrad-Werkstätte zu fördern, meinte MdL Josef Zellmeier. Hier könnten auch schwächere Mitmenschen eine sinnvolle Lebensgestaltung leben und an ihrem Unterhalt mitwirken. "Eine wichtige Selbstbestätigung", sagte Zellmeier.
Seit der Bestätigung des Bedarfs von weiteren 45 Arbeitsplätzen durch den Bezirk sei in der Werkstätte ein gehöriges Stück Arbeit geleistet worden, betonte Bezirkstagspräsident Manfred Hölzlein. Der Beitrag des Bezirks Niederbayern in Höhe von 94.500 Euro sei sinnvoll angelegt. In der Bruder-Konrad-Werkstätte werde ein maßgeschneidertes Konzept auch für die Betreuung von Menschen mit neurologischen Erkrankungen angeboten. Auf dem "zweiten" Arbeitsmarkt passe sich die Arbeit dem Menschen an und nicht umgekehrt, betonte Hölzlein.
165 Mitarbeiter mit Behinderung
Nach der Erweiterung präsentiere sich die Werkstätte mit ihren 165 Mitarbeitern mit Behinderung einmal mehr als leistungsstarker, moderner Wirtschaftsbetrieb, der aktuellen Standards entspreche, erklärte Landrat Alfred Reisinger. Die Klinik Bogen nehme den Wäschereidienst in Anspruch, die Werkstätte sorge unter anderem für die Mittagsverpflegung am Bogener Schulzentrum.
Reisinger dankte im Besonderen KJF-Vorsitzendem Prälat Dr. Josef Schweiger: Er habe der Behindertenarbeit ein menschliches Gesicht gegeben, für angemessene Behinderteneinrichtungen gesorgt, sie unterstützt und gefördert. Mit einem Präsent würdigte Reisinger diesen "enormen persönlichen Einsatz".
Bürgermeister Heinrich Stenzel wies auf die Bedeutung der Werkstätte als größter Arbeitgeber und wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Marktgemeinde hin. Die Integration von behinderten Menschen ins Arbeitsleben habe sich bewährt.
Auch Behindertenwerkstätte reagiert auf den Markt
Betriebsleiter Manfred Schmidt blickte zurück auf Planung und Ausführung des Erweiterungsbaus, schilderte die vielen Schritte vom Erstellen des Raumprogramms über die Detail- und Ausstattungsplanung bis hin zum ersten Spatenstich im September 2009. Die gesamte Bauzeit über sei der Betrieb weitergelaufen, zum Teil sogar bei steigender Produktion. Ein neues Qualitätsmanagement sei erstellt worden. Auch eine Behindertenwerkstätte müsse auf den Markt reagieren. Unverzichtbar seien die richtigen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter und differenzierte Arbeitsangebote, betonte Schmidt. Die Vermittlung auf den freien Arbeitsmarkt sei ebenso gelungen wie für einen Außenarbeitsplatz. Nicht vergessen werden dürfe jedoch die Menschlichkeit: "Die behinderten Mitarbeiter haben hier nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihre Freunde".
Am Nachmittag belebten sich die Abteilungen und Hallen mit vielen interessierten Gästen, die sich am "Tag der offenen Tür" über die Bruder-Konrad-Werkstätte und ihre Arbeit informierten. Es fanden Führungen durch die Bereiche statt, in der neuen Lagerhalle bewirtete man die Gäste mit Getränken, Kaffee, Kuchen und einer Brotzeit, dazu spielte die Band "d'Hoizfux'n" zünftig auf. Im Garten gab es ein Kinderprogramm und einen Kreistanz unter der Leitung von Edith Zollner mit Gästen und behinderten Mitarbeitern aus der begleitenden Maßnahme Tanz.
Bericht und Bilder : erö (SR-Tagblatt, 11.7.2011)