Fünf Generationen, ein Handwerk: Seebauer in Mitterfels hat sich von der kleinen Möbelschreinerei zu einer der führenden Innenausbaufirmen der Region entwickelt
Wer die Firma Seebauer in Mitterfels (Kreis Straubing-Bogen) betritt, muss vorher gar nicht wissen, was dort so gemacht wird. Der unvergleichbar harzig-herbe Duft, der einem um die Nase weht, das Surren von Fräs- und Schleifmaschinen, das aus der Werkshalle zu hören ist, verraten sofort: Hier wird mit Holz gearbeitet – und zwar seit bereits über 100 Jahren. In der vierten Generation betreibt die Familie Seebauer die Schreinerei, die sich im Laufe der Jahrzehnte von einer kleinen Möbelschreinerei zu einem der führenden Experten in Sachen Innenausbau in der Region entwickelt hat. Jetzt steht die fünfte Generation in den Startlöchern.
Es ist ein Donnerstagmorgen, in der Schreinerei geht es bereits rund. Die Maschinen laufen und Firmenchef Thomas Seebauer, seines Zeichens Generation Nummer vier, sitzt in seinem Büro und telefoniert, während Senior-Chef Willi Seebauer, Generation Nummer drei, gerade die Schreinerei betritt. Sein Blick schweift kurz nach hinten in die Werkshalle, bevor er sich an den kleinen runden Tisch im Büro nebenan setzt. Der 86-Jährige wirkt zufrieden. Er hat dieser Schreinerei sein Leben gewidmet und den Weg dafür geebnet, dass der Familienbetrieb jetzt das ist, was er ist: ein mittelständisches Unternehmen, das auf gesunden Beinen steht, seinen 18 Mitarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz bietet und sich in der Branche einen mehr als guten Ruf erarbeitet hat.
Im Jahr 1907 wurde die Schreinerei gegründet
Dass das Unternehmen so gut dasteht, war ein weiter Weg, auf dem jede der Generationen ihr Weg- und auch Lehrgeld bezahlen musste. Das wird schnell klar, wenn man Willi und Thomas Seebauer zuhört, wie sie die Geschichte ihrer Firma erzählen, die zwei Weltkriege überstanden hat. Angefangen hat alles 1907. Die Schreinerei hieß noch nicht Seebauer, sondern Schmid und wurde von Willi Seebauers Großvater, Michael Schmid, gegründet. Sie war auch noch nicht dort, wo sie jetzt steht, sondern schräg gegenüber in dem Gebäude, in dem jetzt die Apotheke von Mitterfels untergebracht ist.
„Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich immer auf der Werkbank bei meinem Opa gesessen bin, da war ich noch ein kleiner Bub“, erzählt Willi Seebauer. Er kennt sie noch gut, die Zeiten, als der Betrieb eine kleine Möbelschreinerei war, in der Schränke, Tische, Stühle und andere Alltagsmöbel aus schlichtem Fichtenholz gebaut wurden. Mehr konnten sich die Leute damals nicht leisten. Der Großvater lebt dem jungen Willi die Liebe zum Schreinerhandwerk vor. Schnell ist für ihn klar, dass er auch Schreiner werden und die Werkstatt übernehmen will. Sein Großvater stirbt 1950. Willi Seebauer ist da erst elf Jahre alt. Der Betrieb geht an seine Mutter über, der Bruder des Großvaters, ebenfalls ein Schreiner, betreibt die Schreinerei so gut es geht weiter. Bis Willi Seebauer schließlich 1963 mit gerade einmal 24 Jahren den Betrieb übernimmt – seinen Meisterbrief und neue Ideen in der Tasche.
Aufträge aus der Region und ganz Deutschland
Unter Willi Seebauer wächst der Betrieb stetig. Die Aufträge werden größer, die Mitarbeiter mehr. Neben Möbeln, Fenstern und Türen wird mit der Zeit auch der Innenausbau ein Standbein. 1975 wird die neue Werkhalle im Stockackerweg gebaut. Mehr und mehr spezialisiert sich die Firma auf den Innenausbau. 1989 dann, so erinnert sich der 86-Jährige, hat seine Firma die letzten Fenster eingebaut. Von diesem Zeitpunkt an spezialisierte sich seine Firma allein auf den Innenausbau. Wirtshäuser, Metzgereien, Bäcker-Läden und vieles mehr werden unter Willi Seebauers Ära ausgestattet. Großaufträge kommen mittlerweile aus ganz Deutschland. Läden und Imbisse auf der Neuen Messe in München Riem gehören ebenso zu den Aufträgen wie der Innenausbau von Autobahnraststätten in Fürholzen oder Vaterstetten. Sein Sohn Thomas ist da schon in den Startlöchern. Ab 1995 arbeitet er ganz mit im Betrieb – er hat da bereits seinen Meister an der Meisterschule in Garmisch-Partenkirchen gemacht, deren Ausbildungsschwerpunkt unter anderem auf Raumgestaltung liegt.
2013 übernimmt er den Betrieb. „Das war keine leichte Zeit“, gesteht er. Denn mit seinem Vater gingen auch viele Geschäftspartner in den Ruhestand. Neue Kontakte mussten geknüpft, neue Kunden gewonnen werden. Und Thomas Seebauer hat ebenfalls seine ganz eigene Vision, möchte das gesunde Unternehmen, das seine Eltern ihm übergeben haben, gut für die Zukunft rüsten.
So entscheidet er sich, ein CAD-Konstruktionsprogramm einzuführen. Vereinfacht gesagt: ein dreidimensionales Planungsprogramm, das dem Kunden eine detailgenaue Ansicht seines Auftrages bietet und die Arbeitsschritte beschleunigt. Mit der neuen Technik kommen im Laufe der Jahre auch neue Kunden. Die Firma Seebauer ist mittlerweile bekannt für ihr individuelles Design und ihren besonderen Stil, wenn es um den Innenausbau von Läden, Hotels oder auch Restaurants und Gasthäusern geht.
Was der ungewöhnlichste Auftrag war? Da muss Thomas Seebauer kurz überlegen. Dann schmunzelt er und erzählt davon, wie sie den Presseclub in der Neuen Messe Frankfurt ausgestattet haben. „Ein berühmter Architekt hat den geplant. Der wollte Reflektoren, die mit Blattgold ausgekleidet werden. Das war schon ungewöhnlich.“
Bald steht die fünfte Generation im Betrieb
„Mit der Einführung des CAD-Programms hat mein Vater den Weg für die Zukunft geebnet“, sagt Valentin Seebauer. Mit dem 22-Jährigen sitzt Generation Nummer fünf mit an dem Bürotisch. Auch er möchte in die Fußstapfen seines Vaters, Großvaters und Urur-Großvaters treten. Seine Schreinerlehre hat er bereits abgeschlossen, im Herbst geht es noch für drei Jahre an die Fachhochschule in Rosenheim. Danach möchte er in den elterlichen Betrieb miteinsteigen. Generationenkonflikt gibt es keinen. „Wir sind uns schon ziemlich einig darin, wohin die Marschrichtung gehen soll.“ Sein Vater nickt und lacht. Auch Großvater Willi Seebauer lächelt zufrieden. Wie sollte es auch anders sein. Schließlich eint die drei eine große Liebe: die zum Schreinerhandwerk.
Von Verena Lehner (SR-Tagblatt, 12.4.2025)