"Grimmiger Verfolger aller Leute" - Führung durch die Totentanzkapelle des AK Heimatgeschichte

Totensonntag und Totengedenken ­ein Anlass, sich mit Sterben und Tod zu beschäftigen. Ein Anlass auch für die Kunsthistorikerin Elisabeth Vogl, Vorsitzende des Arbeitskreises Heimatgeschichte, eine Führung in die Haselbacher Totentanzkapelle anzubieten.

Die Kapelle, ursprünglich Fried­hofskapelle Heilig Kreuz, wurde um 1670 durch den Oberalteicher Pater Baltahsar Regler erbaut, der von 1667 bis 1673 Pfarrvikar in Hasel­bach war, Den Kirchenraum der interessanten Spätrenaissanceanlage bildet ein Oktogon, dem eine recht­eckige Vorhalle angebaut ist, erklär­te Vogl den zahlreichen Zuhörern. Vogl wies zunächst auf die reich ausgebildete Kassettendecke hin, die in der Mitte von einer sogenann­ten Laterne überhöht wird und er­läuterte die sechseckigen Bildfens­ter im Oktogon. Sie stellen sieben Szenen aus dem alten Testament dar.

Entlang der sechs Polygonseiten befinden sich die Wandmalereien des Totentanzes, ursprünglich 20 Szenen, die jeweils paarweise über­einander angeordnet und mit einer Bildunterschrift versehen sind. Ei­nige der Bilder waren jedoch bereits vor 100 Jahren, als sie durch Pfarrer Oberschmid wieder entdeckt wur­den, unleserlich, sagte Vogl. Mit allgemeinen Gedanken zum Totentanz erläuterte die Kunsthistorikerin Entstehung und Sinn der Totentän­ze: Bis zum Mittelalter gehörte der Tod allgegenwärtig zum Leben der Menschen als Begleiter in eine ande­re, bessere Existenz und zur Erlösung im Jenseits. Man fürchtete sich vor einem unvorbereiteten und schnellen Ende. Erst durch die im 14. Jahrhundert gehäuft auftreten­den Hungersnöte und Krankheiten wie Pest und Lepra entstand die grundsätzliche Angst vor dem Tod und seine Ablehnung als "grimmiger Vertilger aller Leute und schädli­cher Verfolger aller Welt ... ". Diese Ohnmacht der Menschen gegenüber dem allmächtigen Tod führte letzt­endlich zur Entstehung des Toten­tanzes, der den Tod zum rein säkula­ren Moment des Daseins werden lässt, so Vogl.

Ursprünglich stellte sich der To­tentanz als Tanzreigen von eben Verstorbenen dar, die noch im Or­nat, mit den Würdezeichen ihres Amtes und Standes, angetan sind und mit verwesenden Leichen tan­zen. Vermutlich durch die Vorstel­lung, die "armen, unerlösten See­len" müssten des Nachts zu den Klängen des "Spielmanns Tod" auf den Gräbern tanzen. Untrennbar verbunden war der bildliehe Toten­tanz mit dem beigefügten Wort. Eli­sabeth Vogl erläuterte die einzelnen Szenen und ergänzte dort, wo Bild oder Schrift nicht mehr zu erkennen sind, mit früheren Texten und Bil­dern des Malers Holbein. Die Wand­malereien des Haselbacher Toten­tanzes sind in Secco-Technik auf trockenen Putz aufgebracht und da­her nicht so lange haltbar wie Fres­ken. Anhand der Kleidung der Per­sonen wie Papst, Abt oder Pfarrer können die Wandmalereien der Ba­rockzeit zugeordnet werden.

Vom modernen Menschen werde der Gedanke an den Tod heute weit­gehend tabuisiert und verdrängt, meinte Vogl. Für den mittelalterli­chen Menschen war der Tod jedoch bereits im Leben Partner und die Verstorbenen blieben Angehörige der Gemeinde.


Bericht und Bild : erö (SR-Tagblatt 26.11.2010)

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.