Auf dem Dachboden des Mitterfelser Burgmuseums befindet sich ein einzigartiges Sammelsurium historischer Gegenstände. Diese zu erhalten ist eine Mammutaufgabe.
Es ist eine dieser typischen alten Holztreppen, die auf den Dachboden des historischen Gefängnistraktes des Mitterfelser Burgkomplexes führt. Leicht abgetreten und zugewetzt von den Hunderten Paar Schuhen, die schon über sie gelaufen sind, sanft knirschend bei jedem Schritt. Und es ist eine Treppe, die genau zu dem passt, was einem nach der letzten Stufe erwartet: Eine Reise in eine längst vergangene Zeit, in der das Korn noch mit Dreschflegeln gedroschen wurde und Petroleum-Lampen die Bauernstuben erhellten. Eine, die diese Stufen schon sehr oft hinauf- und hinabgestiegen ist, ist die Kunsthistorikerin und Archäologin Elisabeth Vogl.
Die Museumsspezialistin ist Vorsitzende des Burgmuseums-Vereins in Mitterfels und kümmert sich gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern seit Jahren ehrenamtlich um den Erhalt des Museums. „Die größte Herausforderung ist, alles hier zu sichten und zu inventarisieren“, erklärt sie, während sie durch den schmalen Gang auf dem Dachboden geht. Links und rechts stehen Regale, Kisten und Körbe, gefüllt mit Alltagsgegenständen aus längst vergangenen Zeiten. Alte Skier, historische Näh- und Schreibmaschinen, alte Druckmatrizen für Bier-Etiketten von Brauereien, die es schon längst nicht mehr gibt, Petroleumlampen, Butterfässer, Krauthobel, Militaria aus den beiden Weltkriegen und vieles mehr. Schätzungsweise 20 000 Exponate befinden sich im Museum. Der Dachboden ist nur eines von insgesamt fünf Depots, die neben der Dauerausstellung in dem ehemaligen Gefängnistrakt der Mitterfelser Burg untergebracht sind. Gesammelt und zusammengetragen hat das alles Sepp Brembeck, der gemeinsam mit dem ehemaligen Bürgermeister Werner Lang das Museum vor 40 Jahren gegründet hat. 2007 ist Sepp Brembeck überraschend gestorben. Seitdem ist der Förderverein des Burgmuseums darum bemüht, die Sammlung zu erhalten und auch dafür zu sorgen, dass das Museum regelmäßig für Besucher geöffnet werden kann.
Den Blick für das Besondere
Elisabeth Vogl ist immer wieder fasziniert von dem, was Sepp Brembeck hier geschaffen hat. Er habe einen Blick dafür gehabt, was etwas Besonderes ist, und erkannt, welche Alltagsgegenstände eine historische Bedeutung haben. „Der Sepp konnte dir zu jedem Objekt hier die Geschichte dahinter erzählen“, erinnert sich Elisabeth Vogl. Doch dieses Wissen habe er leider mit ins Grab genommen. „Wir müssen uns das jetzt mühsam erarbeiten und diese Geschichten neu entdecken.“ Das allein ist schon eine Mammutaufgabe. Dazu kommt, dass der ehemalige Gefängnistrakt, in dem das Museum untergebracht ist, sanierungsbedürftig ist. Auch das eine Mammutaufgabe – vor allem für die Marktgemeinde Mitterfels. „Wir wissen, dass da einiges auf uns zukommt“, sagt Bürgermeister Andreas Liebl. Er steht in engem Kontakt mit Elisabeth Vogl und ist froh, dass so viele Ehrenamtliche dazu beitragen, das Museum zu erhalten. „Ohne die ginge das nicht“, so Liebl. Die Sanierung allerdings ist Aufgabe der Gemeinde, in deren Besitz sich das alte Gefängnis befindet, das Ende des 18. Jahrhunderts erbaut worden ist. „Wir werden in naher Zukunft eine genaue Bestandsaufnahme erstellen, damit wir wissen, was alles gemacht werden muss“, erklärt Liebl. Ziel sei momentan ein „Fünf-Jahres-Plan“ und eine genaue Definition, welche Maßnahmen möglichst bald durchgeführt werden müssen und was längerfristig auf die Agenda genommen werden kann.
Dachsanierung erforderlich
Saniert werden muss auf jeden Fall das Dach. Für Elisabeth Vogl ist das eine der wichtigsten Maßnahmen. „Es muss dringend isoliert werden, damit die Exponate dort oben auf dem Dachboden nicht kaputtgehen.“ Generell sind die Objekte – sowohl in den Depots als auch in der Dauerausstellung – in dem alten Gebäude extremen Temperaturschwankungen und auch Feuchtigkeit ausgesetzt, weil die Heizung aus Kostengründen nicht die ganze Zeit durchlaufen kann. „Auch das wollen wir in den Griff bekommen“, sagt Liebl. Das derzeit größte Problem ist allerdings gerade einmal fünf Millimeter lang und nagt sich munter durch allerlei historische Werkzeuge und Mobiliar: der Holzwurm. „Der Befall ist mittlerweile so schlimm wie noch nie“, sagt Elisabeth Vogel und zeigt auf die Spuren, die der kleine Käfer in Form von kleinen Holzmehlhäufchen hinterlässt.
Holzwurm bekämpfen
„Wenn wir dagegen jetzt nichts machen, dann werden manche Objekte für immer zerstört.“ Um das zu verhindern, werden demnächst Teile der Ausstellungsräume begast. Das Ganze kostet rund 15000 Euro – nur ein minimaler Teil der Kosten, die in den kommenden Jahren noch auf die Gemeinde zukommen werden, um das historische Gebäude und das darin erhaltene Kulturgut zu erhalten.
Elisabeth Vogel zeigt einen Ausstellungsraum, in dem es sich der Holzwurm besonders gemütlich gemacht hat. Fotos: Verena Lehner
Kommentar : Mehr Unterstützung
Das Burgmuseum Mitterfels ist ein gutes Beispiel dafür, was Gemeinden stemmen müssen, um Kulturgut zu erhalten. Was dafür vor Ort geleistet wird, kann gar nicht genug honoriert werden. Denn die Amtsträger haben es da nicht leicht. Es ist oft viel Überzeugungsarbeit notwendig, – auch in den eigenen Gemeinderats-Reihen – um jemandem klarzumachen, dass so ein Museum nicht nur ein „Haufen oids Glump“ ist, sondern etwas, das für die Nachwelt erhalten bleiben muss.
Gerade in Zeiten von Facebook, Instagram und TikTok, in denen persönliche Kontakte mehr und mehr virtuellen Begegnungen im Netz weichen und viele Kinder und Jugendliche in die Scheinwelt von Influencern und Computerspielen abtauchen, werden Dinge, die erden, immer wichtiger. Der kulturelle Bereich bietet unzählige Möglichkeiten, die junge Generation in das wirkliche Leben zurückzuholen und einen Raum zu schaffen, wo noch echte, menschliche Begegnungen stattfinden. Sei es durch Musikunterricht, das gemeinsame Musizieren in einem Orchester oder eben der Besuch in einem Museum, das von einer Zeit erzählt, in der man sich die Butter nicht einfach im Supermarkt kaufen konnte, sondern dafür hart arbeiten musste.
Deshalb wäre es wichtig, dass kulturelle Arbeit nicht mehr und mehr auf ehrenamtliches Engagement reduziert wird, sondern dass dafür genügend öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt und die Kommunen besser unterstützt werden. Im Landkreis Straubing-Bogen gibt es mittlerweile viele kleine Museen, die es wert wären, auch seitens des Landkreises noch besser gefördert zu werden – nicht nur das Kreismuseum auf dem Bogenberg.
Vielleicht wäre es an der Zeit, einmal über ein eigenes Museumskonzept für den Landkreis nachzudenken. Und sei es nur, um die Infrastruktur, die zweifelsohne durch das Landratsamt vorhanden ist, gemeinsam zu nutzen. Zur Erstellung von Flyern, für Internet-Werbung, das Knüpfen von Kontakten und die Beantragung von Fördergeldern. Gemeinsam schafft man in der Regel mehr. Und ein bisserl was geht bekanntlich immer. Auch finanziell. Verena Lehner
Bericht und Bilder : Verena Lehner (SR-Tagblatt, 27.5.2023)