Julia Bayer ist eine der ganz wenigen Fußballtrainerinnen im Landkreis. Wie sie dazu kam und was ihr beim Training besonders wichtig ist, erzählt sie im Interview
Frauen als Fußballtrainerinnen haben nach wie vor Seltenheitswert – im Profisport und in den Ortsvereinen. Das ist im Landkreis Straubing-Bogen nicht anders. Auch hier sieht man Frauen am Fußballplatz meist nur dann, wenn sie ihre Kinder ins Training bringen und wieder abholen. Bei der Spielvereinigung (SG) Haselbach-Mitterfels ist das anders. Mit Julia Bayer hat sie eine der ganz wenigen Trainerinnen in ihren Reihen. Mit drei weiteren Kollegen trainiert sie die F- und G-Jugend der SG. Im Interview erzählt sie, warum sie das so gerne macht, wieso der Fußball nach wie vor eine Männerdomäne ist und warum es so wichtig ist, mehr Engagement zu zeigen, wenn es darum geht, Mädchen für den Fußball zu begeistern.
Frau Bayer, Sie haben vor knapp drei Jahren angefangen, in Mitterfels wieder jüngeren Kindern die Möglichkeit zu bieten, gemeinsam zu kicken und in einem Verein Fußball zu spielen. Wie kam es dazu?
Julia Bayer: Ich habe selber drei Buben, alle fußballnarrisch (lacht) . Dann war es damals so, dass uns in Mitterfels die G-Jugend beziehungsweise die Bambini-Mannschaft quasi weggebrochen ist. Denn die Kinder wechselten alle zur F-Jugend, darunter auch mein ältester Sohn. Meine beiden jüngeren Buben wollten aber auch unbedingt spielen, so wie einige andere Kinder auch. Deshalb haben wir im Verein angefangen, nach einem ehrenamtlichen Trainer für eine Bambini-Mannschaft zu suchen. Ohne Erfolg. Dann haben Sie sich sofort bereiterklärt? Bayer: Naja, nicht sofort. Ich hatte es natürlich im Hinterkopf, weil ich Sportlehrerin bin und leidenschaftlich gerne mit Kindern arbeite. Aber ich habe mich damals von einer schweren Krankheit erholt und wusste, dass mir eigentlich noch die Kraft dazu fehlt, eine Trainertätigkeit zu übernehmen.
Wieso haben sie es dann trotzdem angepackt ?
Bayer: Weil ich im Herzen durch und durch Sportlerin bin und den Kindern nicht die Möglichkeit nehmen wollte, in unserem Verein Fußball zu spielen. Und natürlich waren auch meine eigenen Buben Motivation für mich, das zu machen. Sie wollten ja unbedingt spielen. Und so haben wir es angepackt.
Und jetzt sind sie offiziell Trainerin der G- und F-Jugend der SG Haselbach-Mitterfels.
Bayer: Genau. Ich mache das gemeinsam mit drei ganz tollen, männlichen Trainerkollegen. Wir haben mittlerweile einen unglaublich großen Zulauf an Kindern, was uns natürlich freut.
Wie kam das denn innerhalb des Vereins an? Hatten Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?
Bayer: Nein, gar nicht. Der eine oder andere war vielleicht überrascht, als ich gesagt habe: ‘Dann mache ich das jetzt.’ Als Frau muss man oftmals erst ein bisschen mehr Überzeugungsarbeit leisten, dass man über den gleichen fußballerischen Verstand verfügt wie auch ein Mann. Aber das ist einfach so. Fußball ist eben nach wie vor eine Männerdomäne.
Woran liegt das?
Bayer: Ich glaube, der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass Buben generell länger Gefallen am Fußball haben als Mädchen, weil sie einfach bessere Möglichkeiten haben zu spielen. In vielen Orten gibt es Fußballvereine mit Mannschaften von Bambini bis zu den Alten Herren. Aber Mädchen müssen ab einer gewissen Altersklasse oft viel weitere Strecken auf sich nehmen, um guten Fußball spielen zu können, weil es eben nach wie vor viel weniger reine Mädchen- als Bubenmannschaften gibt. Wir sollten mehr Zeit und Engagement investieren, um mehr Mädchen für Fußball zu begeistern und diese dann auch beim Fußball zu halten.
Ist das auch der Grund dafür, dass weibliche Fußballtrainer nach wie vor eine Minderheit sind?
Bayer: Das glaube ich schon. Viele Trainer im Kinderbereich sind ja meist Väter, die selber mal gespielt haben. Würden mehr Mädchen spielen, dann gäbe es vielleicht auch einmal mehr Mamas, die sich trauen würden, ein Training zu übernehmen. Sie würden einfach auch mal einen anderen Blickwinkel hineinbringen.
Trainieren Frauen anders als Männer?
Bayer: Nein, das würde ich nicht sagen. Mit dem anderen Blickwinkel meine ich eher, dass jeder Trainer seine eigene Lebenserfahrung und auch Einstellung zum Sport einbringt. Frauen wären da auf jeden Fall eine Bereicherung.
Was ist Ihnen beim Training wichtig?
Bayer: Mir persönlich ist es wichtig, dass jedes Kind ausreichend Spielzeit bekommt. Der Spaß an der Bewegung und das Miteinander sollen im Vordergrund stehen. Fußball ist ein Teamsport, und da geht es neben dem sportlichen Erfolg auch darum, wertvolle soziale Kompetenzen zu lernen. Das Team muss gemeinsam kämpfen, um erfolgreich zu sein. Die Kinder müssen zusammenarbeiten, miteinander reden, Kompromisse eingehen und auch lernen, Rückschläge einzustecken.
Wie klappt da die Zusammenarbeit innerhalb des Trainerteams?
Bayer: Meine drei Trainerkollegen und ich ergänzen uns prima. Wir ziehen alle am gleichen Strang und stellen den Spaß an der Bewegung an oberste Stelle, wodurch die Technik und Taktik spielerisch mit ins Training einfließen. Sie machen das – so gut wie alle anderen Fußballtrainer in den Ortsvereinen auch – ehrenamtlich und opfern viel Freizeit dafür.
Woher nehmen Sie Ihre Motivation?
Bayer: Als Mama von drei Buben lebe ich quasi auf der Fußballwiese (lacht) . Natürlich ist es zeitintensiv, aber für mich sind das wertvolle Erfahrungen. Es macht mir große Freude, mitanzusehen, wie sich die Kinder entwickeln. Wie sie Fortschritte machen, wie sie technisch und auch taktisch besser werden. Und wir sind innerhalb unserer neu gegründeten Spielvereinigung ein tolles Team geworden, das auch von den Eltern unserer Fußballkinder hervorragend unterstützt wird. Und was wirklich wichtig ist: Alle folgen den für den Kinderfußball so wichtigen ungeschriebenen Gesetzen am Fußballplatz.
Wie lauten die denn ? Bayer:
Erstens: Das sind Kinder. Zweitens: Das ist ein Spiel. Drittens: Die Trainer machen das als Hobby. Viertens: Der Schiri ist auch ein Mensch. Fünftens: Heute werden keine Profiverträge verteilt. Sechstens: Das ist nicht die Weltmeisterschaft.
Interview: Verena Lehner