"Wir wissen nicht, was ein Kind dabei empfindet"
Mitterfels. (erö) "Verantwortlicher Umgang mit den Medien" war das Thema, zu dem die Grund- und Mittelschule mit Rektor Gerhard Groß und der Elternbeirat mit Marion Kiermaier eingeladen hatten. Dazu referierte im Auftrag der Katholischen Elternschaft der Diözese Regensburg Oberstudiendirektor Edmund Speiseder, Schulleiter des Gymnasiums der Ursulinenstiftung.
Es sei ihm wichtig, mit dem Thema "Medienerziehung" im Rahmen der Werteerziehung auch die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken, betonte Groß zu Beginn.
Das Ziel, Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene zu einer bewussten und kritischen Haltung und einer ebensolchen Nutzung der Medien zu befähigen, erscheint heute wichtiger denn je, erklärte Speiseder. Mit kurzen Fragen an die Zuhörer zum eigenen Umgang mit den Medien und zu einer Zeitreise in die eigene Kindheit und ihre wichtigsten Einflüsse führte er in die Thematik ein. Er sprach über Medienkompetenz und -konsum im Informationszeitalter, über Gefahren und Chancen der neuen Medien und ging besonders auf die Verantwortung von Schule und Eltern in Sachen Infoflut durch die neuen Medien ein. Viele Eltern und Großeltern wissen nicht mehr, was Kinder und Jugendliche so mit Handy und im Internet treiben, warnte Speiseder. Die Nutzung der neuen Medien und ihre Wirkung gehörten heute zur Identifikation und Sozialisierung von Kindern und Jugendlichen.
Speiseder machte deutlich, dass Kinder und Jugendliche mehr als je zuvor Darstellungen von Gewalt und Pornografie, von politischem Extremismus und suggestiver Werbung ausgesetzt sind. 79 Prozent aller Fernsehsendungen sind von Gewaltdarstellungen bestimmt. Besonders in Zeichentrickfilmen, aber auch im Bereich der Computerspiele seien Gewalt und brutalste, ungehemmte, menschenverachtende Aggression und Krieg thematisiert.
Das fördere nachweislich die Gewaltbereitschaft, sagte Speiseder. "Wir wissen nicht, was ein Kind dabei empfindet. "
Speiseder sprach auch das Thema Handymissbrauch an. Mitschnitte von Schlägereien, Sexdarstellungen oder Verleumdungen würden ins Internet gestellt. "Das sind Verletzungen des Persönlichkeitsrechtes, die nicht zurückgeholt werden können." Gefordert sei ein pädagogischer Jugendschutz für den verantwortlichen Umgang mit der Medienflut. Der Werteaspekt sollte in den Vordergrund gestellt und die Distanzierungsfähigkeit des Kindes gestärkt werden. Speiseder empfahl, den Medienkonsum eines Kindes zu begrenzen und das Kind über die Gefahren zu informieren.
Eine Studie des Neurowissenschaftlers Manfred Spitzer zeige auf, dass allzu frühes und zu häufiges Fernsehen und Surfen im Internet das kindliche Gehirn schädigt und die Kreativität behindert. Sogenanntes E-Learning sei ein Irrweg. Laut Spitzer sollten Mädchen unter zwölf Jahren weder fernsehen noch ins Internet gehen. Buben sogar noch später. Der Konsum von Gewalt in den Medien erzeuge Gewaltmuster und Lust an Gewalt und verführe zum Nachmachen. "Vielspieler" am Computer müssten mit Veränderungen der Gehirnaktivitäten und Veränderungen des Verhaltens bis hin zu Aggressivität rechnen. Unabdingbar sei es, dass sich Eltern über die Wirkung von diesen Medien informieren. Fazit des Pädagogen: Kinder und Jugendliche sollten immer wieder über diese Gefahren aufgeklärt werden. "Zu viel Medienkonsum zerstört die Seele. Machen sie nicht den Fernseher zum Familienmitglied." Viel wichtiger als die Erfahrungen vor dem Fernsehgerät seien Primärerfahrungen, die Kinder in der Familie, mit Freunden oder in der Natur und Umwelt machen können. "Seien sie kreativ: Gemeinschaftserlebnisse in der Familie sollten attraktiver als das Sitzen vor der Glotze sein. "
Bericht : erö (SR-Tagblatt, 14.3.2013)