Der Räuber Matzeder wird wieder „lebendig“

Gefängnis-Szenen in Zellen der Burg Mitterfels gedreht - Räuber in Straubing enthauptet


 

Dass im Sommer Schauspieler auf der Burg Mitterfels anzutreffen sind, ist nicht unge­wöhnlich. Aber an kalten Tagen wie jetzt?! - Und nicht etwa in den Burg­hof ging es, sondern hinab ins Ver­lies: Die Gefängniszellen mutierten zum Drehort für einen Film über Leben und Sterben des Räubers Matzeneder. Tatsächlich in Mitter­fels inhaftiert war der Räuber und Mörder, der im 19. Jahrhundert in Niederbayern sein Unwesen trieb, freilich nicht - die Zellen doubeln im Film das Münchener Zuchthaus beziehungsweise den Straubinger Kerker.

In Straubing am Hagen war es, wo das Leben des Gefürchteten vor 160 Jahren, am 23. Juni 1851, sein Ende fand. Die öffentliche Hinrichtung des Franz Matzeder war die letzte, bei der der Delinquent durch einen Schwerthieb starb. Geboren wurde Matzeder am 18. Juli 1810 in der Einöde Matzöd unweit von Simbach bei Landau. Schon früh fiel er durch Diebstähle, Raufereien und unbere­chenbaren Jähzorn auf. Er lernte Maurer, doch als er einen Maurerge­sellen nach einer durchzechten Nacht im Streit halb totgeschlagen hatte, kam er zum ersten Mal ins Zuchthaus, nach München Neudeck.

 

Erster Mord für ein Gewehr

Damit war es mit einem ordentli­chen Beruf vorbei: Niemand stellte einen Zuchthäusler ein, die weitere kriminelle Karriere war vorgezeich­net. Seinen ersten Mord beging Franz Matzeder, um sich ein Gewehr anzueignen: Ein argloser, junger Jä­ger aus Arnstorf hatte Matzeder und dessen Kumpan Franz Reiter sein neues Jagdgewehr gezeigt, das er von seinem gräflichen Dienstherrn erhalten hatte. Der Jäger wurde Wo­chen später tot im Wald gefunden.

Das Gewehr, für das Matzeder den Jäger tötete, gibt es noch heute:  Beim noch nicht lange zurückliegen­den Abbruch eines Stadels auf dem Anwesen Matzöd kam der Vorderla­der zum Vorschein, der im Gebälk des Dachstuhls versteckt gewesen war. Untersuchungen zufolge wurde das Gewehr tatsächlich Anfang des 19. Jahrhunderts angefertigt. Als es gefunden wurde, waren zwei Hei­matforscher, die sich mit der Ge­schichte des Räubers beschäftigten, gerade dabei, ein Buch über sein Leben zu veröffentlichen (wir be­richteten).


Forschung führt zu Buch

Den Simbacher Heimatkundler Alfred Haller hatte die Geschichte des Räubers fasziniert, und er hatte zu forschen begonnen. Erst später entstand die Idee, aus den Ergebnissen ein Buch zu machen. Unterstüt­zung dabei bekam er von dem Sim­bacher Hobbyhistoriker Karl Kies­lich, der sich in heimatlicher Ge­schichte und Brauchtum gut aus­kennt und viel Wissen über Sitten und Gebräuche, Regeln und Tabus und generell das Leben in der dama­ligen Zeit einbringen konnte. So wurde das Matzeder-Buch eines, das einen lebhaften Einblick nicht nur in die Ereignisse, sondern auch in die damalige Zeit gibt.

Mit einer bescheidenen Auflage von 200 Exemplaren kam das Buch "Matzeder - Räuber, Mörder, Delin­quent" 2010 auf den Markt - und schnellte auf zwischenzeitlich 1500 Stück in die Höhe, da das Werk über den am meisten gefürchteten nieder­bayerischen Räuber auf großes Inte­resse stieß. Nun erfährt der Stoff auch noch seine filmische Umset­zung: Die Autoren aus Simbach pro­duzieren einen Historienfilm, der schon ab Frühjahr 2012 gezeigt wer­den soll.

Regie führt das Rottaler Filmteam "Brandl Pictures", bei dem es sich nicht um eine professionelle Pro­duktionsfirma handelt, sondern um drei Geschwister, die als Filmenthu­siasten vor allem nicht kommerzielle Amateurfilme drehen. Mehr als 45 haben sie schon zuwege gebracht, seit März 2011 laufen die Dreharbei­ten zum Matzeder-Film, demnächst sollen sie beendet sein. Das Drehbuch geschrieben hat Karl Kieslich, der sich auch um originalgetreue Kostüme kümmerte und nach geeig­neten Drehorten Ausschau hielt.

 

Dreharbeiten auf der Burg

Einer davon wurde nun die Mit­terfelser Burg. In den originalen Ge­fängniszellen des heutigen Museums drehte das Filmteam die Szenen über die Zeit im Zuchthaus Mün­chen Neudeck, wo Franz Matzeder jahrelang eingesperrt war und sei­nen späteren Mordkumpan Reiter kennenlernte und so die Bande der Matzöder Räuber ihren Anfang nahm, die in der Folge raubend und marodierend durch weite Teile Alt­bayerns zog.

Der Überlieferung nach gehen insgesamt neun Morde auf ihr Kon­to, wobei mindestens vier durch Ge­richtsakten belegt und auch im Buch lebendig beschrieben sind. Nach ei­nem nächtlichen Überfall und Mord auf einen Bauernsohn aus dem ober­bayrischen Pleiskirchen konnten drei der Verbrecher in einem Wirts­haus überwältigt werden. Franz Matzeder und Franz Reiter wurden schließlich nach langer Haft in der Fronfeste zu Straubing zum Tode verurteilt.

Szenen der letzten Tage im Kerker wurden ebenfalls in Mitterfels ver­filmt. Die alten Gewölbe im Keller der Burg waren dafür die ideale Kulisse, und Bürgermeister Heinrich Stenzel öffnete für das Filmteam be­reitwillig die historischen Räum­lichkeiten. Der Räuber Matzeder wird im Film von Günther Brandl, einem der drei Brandl-Geschwister, verkörpert.

Einen Film zu drehen, der im 19. Jahrhundert spielt, ist im heutigen Niederbayern generell nicht ein­fach: Die Kamera darf weder asphaltierte Straßen noch Stromlei­tungsmasten erfassen, und auch Maisfelder, die es zur Zeit Matz­eders nicht gab, dürfen nicht im Bild sein ... Wer gespannt darauf ist, wie das fertige Werk wohl aussehen mag, kann sich im Internet einen Vorgeschmack holen: Zwei Trailer, die einen Querschnitt verschiedener Filmszenen zeigen, können unter www.matzeder.de.to angeschaut werden.

 

In der Sprache verankert

Wie stark sich die Räuberbande ins niederbayerische Gedächtnis eingebrannt hat, ist an einem Aus­druck zu erkennen, der sich bis heute im Rottal gehalten hat, nämlich einem Äquivalent zum bayerischen Ausspruch "Mit Gwoid geht ois!", wenn etwas regulär nicht hinzu be­kommen ist. Im Rottal heißt es in einem solchen Fall: "Dann pack ma's matzederisch!"


 

Bericht und Bild : ta (SR-Tagblatt, 1.11.2011)


 

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