Senioren erzählen vom Weihnachtsfest wie es früher war

"Vata, schiaß des Christkindl ob" - Erika Berger und Emma Kinseher aus dem BRK-Seniorenzentrum erinnern sich an einst


 

 

An ein ganz an­deres Weihnachtsfest als heute erin­nern sich Menschen, die als Kinder die schwere Nachkriegszeit erlebt haben oder im bayerischen Wald aufgewachsen sind. Heute erzählen Erika Berger und Emma Kinseher, beide im BRK-Seniorenzentrum zu Hause, von dem Weihnachtsfest, wie es früher war.

 

Im BRK-Seniorenzentrum wohnt zurzeit Erika Berger, 76 Jahre alt, die in München und Augsburg da­heim war. Sie wohnte nach dem Krieg mit den Eltern und zwei Brü­dern auf einem Dorf in der Nähe von München. Dort war der Großvater lange Jahre als Lehrer tätig. Dorthin kehrte die Mutter zurück, um bei den Bauern zu arbeiten. Auch die Kinder halfen mit.

 

"Hungern mussten wir nicht, er­zählt die Seniorin. Es hieß oft "Ihr seids doch die Kinder vom Lehrer Gersdorfer". Da fiel für uns immer etwas ab. Wir waren auch stolz, dass wir mithelfen durften. Vor allem von den kleinen Bauern haben wir im­mer etwas gekriegt, Mehl, Eier, Fett und Milch.

 

Die reichen Bauern sag­ten meistens "wir haben selber nichts". Zu Weihnachten gab es im­mer einen Christbaum bei der Fami­lie von Erika Berger. Und zum Essen einen Schweinebraten oder Geflü­gel, wenn es möglich war.

 

"Aber die Mutter und ich haben viel lieber eine Mehlspeise wie Dampfnudeln gegessen." Den Weih­nachtsbaum hat immer der Vater schmückt, erinnert sich Erika Ber­ger. Der ist dann den ganzen Tag im Zimmer verschwunden, wir durften nicht rein. Oben und an die Spitze hat er große weiße Kugeln gehängt, unten waren auch bunte, aber die Weißen kamen alle nach oben. Und Süßigkeiten hingen auch dran am Baum".

 


Emma Kinseher (85 Jahre), stammt aus der Nähe von Konzell und ist die jüngste von neun Töch­tern. Ihre Mutter wuchs sogar mit 13 Geschwistern auf. Wir waren eine große Familie und natürlich nicht reich. Aber Not haben wir nicht ge­litten, sagt Emma Kinseher. Weil die großen Schwestern schon in Stel­lung waren, musste Emma als Jüngste auch Bubenarbeit machen.

Dazu gehörte im Winter die Arbeit im "Holz". Sie musste zum Beispiel von den gefällten Bäumen das Reisig abschneiden und mit Stroh als Ein­streu für das Vieh herrichten.

"Zu Weihnachten kam mit dem Christkind auch die Wolle und wir haben gestrickt". Aber Plätzchen wurden auch gebacken bei Emma Kinseher. Am Weihnachtstag muss­te erst geputzt und die Stallarbeit gemacht werden. Zu essen gab es an Heilig Abend nur eine kleine Brot­zeit. Doch zuerst musste der Vater noch das Christkind "abschießen".


Gespannt auf den Schuss gewartet

Er hatte einen alten Revolver und Patronen, und dann bettelten die Kinder: "Vata, schiaß des Christ­kindl ab" und alle liefen mit dem Vater in Holzschuhen in den Schnee hinaus und warteten auf den Schuss in die Luft. Erst dann konnte das Christkind kommen. Die Kinder hatten schon ihre Teller aufgestellt, und das Christkind legte Plätzchen, Nüsse und kleine rote Äpfel ein.

"Wir mussten dann alle "vergelts Gott" sagen und dem Christkindl mit einem Vaterunser Dank sagen", erzählt Emma Kinseher. Einen Christbaum hat es in der Familie immer gegeben, weil sie einen eige­nen Wald hatte. Emma Kinseher er­innert sich auch an eine besondere Christbaumkugel, die der Vater viel­leicht im Krieg aus Frankreich mit­gebracht hatte. "Sie ist uns gebro­chen. Da haben wir sie mit Watte ausgefüllt, geklebt und jedes Jahr wieder aufgehängt".

Unsere Mutter war immer sehr lustig, hat Gedichte aufgesagt und viele Dummheiten mit uns gemacht, erinnert sich Emma Kinseher. Und im Winter haben wir ganz viel ge­sungen. Unsere Mutter hat gespon­nen, wir haben gestrickt und der Vater hat Besen gebunden. "Wir ha­ben keine Not gelitten".

Heute lebt Emma Kinseher mit ihrer Tochter Kathie im BRK-Senio­renheim und freut sich schon auf Weihnachten. Mit ihr feiern sechs Enkel und sieben Urenkel. Auch die vielen Neffen und Nichten kommen gern mal zu Besuch.


Gelesen im Straubinger Tagblatt vom 22.12.2009
 

 

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