Förderung für Wohnheim verschiebt sich erneut

Förderung für Wohnheim verschiebt sich erneut

Kein Luxus-Projekt

Mitterfels. (erö) Das Wohnheim in Mitterfels für Mitarbeiter der Bruder-Konrad-Behindertenwerkstätte könnte schon längst bezugsfertig sein. Doch noch immer wartet die Katholische Jugendfürsorge (KJF) auf die nötige Förderung des Freistaats für den Bau, die jedes Jahr neu beantragt werden muss. Am Mittwoch berieten sich Vertreter der KJF, Politiker und Eltern darüber, wie das Projekt möglichst schnell realisiert werden kann.

Nachdem Helmut Dietl sich bereits mehrfach mit begründeten Anträgen an die übergeordneten Förderstellen gewandt hatte, ergriff er erneut die Initiative und lud, zusammen mit dem KJF-Direktor Michael Eibl, KJF-Abteilungsleiter Johannes Magin und Einrichtungsleiter Manfred Schmidt, neben weiteren Elternvertretern nun wichtige politische Mandatsträger zu einem Gespräch in die Werkstätte ein. MdL Josef Zellmeier, der auch Vorsitzender des Finanzausschusses im bayerischen Landtag ist, Landrat Josef Laumer, der ehemalige Bezirkstagsvizepräsident Franz Schedlbauer, Bürgermeister Andreas Liebl sowie Vertreter des Marktgemeinderates erläuterten den Planungsstand und suchten gemeinsam nach Lösungen, um das Wohnprojekt baldmöglichst zu realisieren.

Förderung muss jedes Jahr neu beantragt werden

Dietl erinnerte daran, dass die KJF im Jahr 2016 selbst mit der Realisierung des Wohnprojekts innerhalb von drei bis fünf Jahren gerechnet hatte. Das Problem habe sich aber inzwischen durch zusätzliche beantragte Förderprojekte in Bayern verschärft, sodass die Gefahr besteht, dass das Mitterfelser Projekt immer weiter zurückfällt, da die sozialen Projekte jedes Jahr neu zur Förderung beantragt werden müssen und die Reihenfolge des Vorjahres bei der Förderung keine Rolle mehr spielt.

Seit Längerem sei er mit Vertretern des Bezirks zum Thema Wohnheimbau im Gespräch, betonte KJF-Direktor Michael Eibl. Das in Mitterfels geplante Wohnheim mit 24 Plätzen für Behinderte weise insofern ein Alleinstellungsmerkmal auf, als sechs Plätze für Menschen mit erworbenem Schädel-Hirn-Trauma untergebracht werden könnten. Das Konzept stehe, die KJF sei zur Umsetzung bereit. Der Bedarf sei sehr groß. Doch jetzt drohe eine weitere Verzögerung über das Jahr 2021 hinaus. Auch MdL Zellmeier begrüßte die Bemühungen der Elterninitiative um ein neues Wohnheim. Das Mitterfelser Projekt sei bisher an dritter Stelle angeordnet.

Zudem werde der Bedarf jedes Jahr neu bewertet. „Wir haben seit Jahren einen Riesenstau an Bedarfsmitteln, die wegen fehlender Haushaltsmittel zurückgestellt werden mussten.“ Die Mittel müssten aufgestockt werden, was aber in Corona-Zeiten nicht sicher sei – „ein bayernweites Problem“.

Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes benötigt

„Wir brauchen die Wohnplätze jetzt dringend“, betonte KJF-Abteilungsleiter Johannes Magin. Die Behinderten wohnten zum Teil schon jetzt viel zu weit weg von ihrem Arbeitsplatz. Der Druck werde immer größer. Vielleicht könnten im Rahmen des Corona-Programmes zusätzliche Mittel ausgewiesen werden, schlug Franz Schedlbauer vor. Der Bezirk stehe „Gewehr bei Fuß“. Das Problem dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Das geplante Projekt „Soziale Mitte“ mit sozialem Wohnungsbau und Behindertenwohnheim ganz in der Nähe der Behindertenwerkstätte sei ideal, meinte Bürgermeister Andreas Liebl. Die Infrastruktur stimme, die Marktgemeinde stehe voll hinter dem Vorhaben. Liebl appellierte an den Bezirk und an die bayerische Staatsregierung, dem Mitterfelser Projekt Priorität einzuräumen. Landrat Josef Laumer sagte, er werde das Projekt nach Kräften unterstützen und regte an, sich mit einem gemeinsamen Schreiben an die zuständigen Stellen zu wenden, um mit Nachdruck den dringenden Bedarf darzustellen und das Mitterfelser Projekt bei der Förderung zu priorisieren. „Das ist kein Luxusprojekt, sondern wichtig, um die Not in den Familien zu lindern.“

„Setzen Sie sich für das Projekt ein“

Auch Eltern von Betroffenen meldeten sich zu Wort und schilderten die oft dramatische Situation. Im Notfall helfe man sich gegenseitig. Gottfried Seidl vom KJF-Angehörigenbeirat und Vater einer behinderten Tochter berichtete, dass seine Tochter dank der Arbeit in der Werkstätte und eines Wohnplatzes in einer Haselbacher Einrichtung jetzt ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben führen könne. Sie habe ihr Ziel erreicht. „Bitte setzen Sie sich ein für dieses neue Projekt“, bat Seidl. „Sie können viel bewegen.“


32 Menschen warten auf einen Wohnheimplatz

Bereits im Februar 2016 fand in der Bruder-Konrad-Behindertenwerkstätte der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) der Diözese Regensburg ein Treffen von Eltern behinderter Jugendlicher mit Vertretern der KJF und mit der Einrichtungsleitung statt. Zur Diskussion stand schon damals der dringende Bedarf an Wohnheimplätzen für behinderte Mitarbeiter. Initiator Helmut Dietl hatte daraufhin im April 2017 bei einer Betreuerversammlung sein Zukunftsprojekt „Soziale Mitte“ in Mitterfels vorgestellt, in dem ein Wohnheim für Menschen mit Handicaps, die in der Bruder-Konrad-Werkstätte arbeiten, auf dem Gelände der ehemaligen Ferienwohnanlage an der Steinburger Straße geplant ist. Es sollen 24 Wohnheimplätze in kleinen Wohneinheiten entstehen, die von der KJF betreut werden sollen.

Ein Projekt, dem nicht nur die KJF, sondern auch die Marktgemeinde Mitterfels positiv gegenübersteht. Inzwischen hat die KJF ein entsprechendes Grundstück von der Marktgemeinde erworben, die Baupläne sind fertig ausgearbeitet. Doch die Bereitstellung der Fördermittel lässt auf sich warten. Die KJF betreibt seit 30 Jahren in Mitterfels die Bruder-Konrad-Werkstätte, in der 185 Beschäftigte einen sicheren Arbeitsplatz gefunden haben. Zurzeit benötigen mehr als 30 Menschen mit Handicaps, darunter auch Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung, einen Wohnheimplatz. Für das Mitterfelser Projekt werden Fördermittel von etwa 3,4 Millionen Euro veranschlagt.

Viele der Mitarbeiter der Bruder-Konrad-Werkstätte wohnen noch bei ihren Eltern und nehmen täglich weite Busfahrten in Kauf. Doch inzwischen ist die Not der Behinderten sehr groß, betonte Einrichtungsleiter Manfred Schmidt. Eltern, vor allem Alleinerziehende, können sich keine Krankheit erlauben. „Weil wir unseren Mitarbeitern keine Wohneinrichtung in der Nähe bieten können, müssen wir sie in fremde Einrichtungen schicken, oft bis in die Nachbarlandkreise.“ Dann allerdings könnten diese Behinderten auch nicht mehr in der Werkstätte arbeiten und sie fehlen als Mitarbeiter. „Eine sehr schwierige Erfahrung für unsere Mitarbeiter, die hier ihre Heimat haben“, sagte Schmidt.

Zurzeit warteten 32 Personen auf einen Wohnheimplatz. Doch der Antrag auf Förderung sei vom Bezirk Niederbayern und vom bayerischen Sozialministerium immer wieder zurückgestellt worden, die Enttäuschung sei bei allen Beteiligten groß. (erö)

Bericht und Bild : erö SR-Tagblatt, 3.7.20