Wohlgelungenes Konzert des Kirchenchores

Weihnachtsoratorium von Saint-Saëns

Im Advent 1858 komponierte der damals 23-jährige Camille Saint-Saëns innerhalb von zwölf Tagen das Werk „Oratorio de Noël/op. 12 (deutsch: Weihnachtsoratorium). Die Komposition war am 15. Dezember 1858 abgeschlossen und erlebte am 25. Dezember 1858 in der Kirche „La Madeleine“ in Paris ihre Uraufführung.

Am 27. Dezember 2015, also 157 Jahre danach, erlebte das Werk seine Erstaufführung in der Heilig-Geist-Kirche zu Mitterfels. Zu danken ist diese erstmalige Aufführung zuvörderst dem Kirchenchorleiter, obwohl nicht selber am Pult. Am Pult stand sein Freund aus Schülerzeiten Anton Waas, dem 1990 den „Straubinger Kulturförderpreis junger Künstler“ zuerkannt wurde. Als Chordirektor amtierte er dort mehrere Jahre an der Basilika St. Jakob. Seit 1993 unterrichtet er Musik am Münchner Maximiliansgymnasium und ist seitdem als Chorleiter und Dirigent (zum Beispiel des Orchesters des akademischen Gesangvereins) und als Pianist und Organist (zum Beispiel des Tölzer Knabenchor) auf vielfältige Art im Münchner Konzertleben tätig. Diese Entscheidung, die für einen Chorleiter ja auch immer einen Verzicht bedeutet, war hier ein Glücksfall, steuerte Anton Waas den in solchen Höhen doch eher unerfahren Kirchenchor Mitterfels durch alle Untiefen des beeindruckende Werkes, ebenso souverän das Streicherensemble wie Susanne Kaiser auf der Harfe und Elisabeth Rick an der Orgel.

Das Solistenquintett mit Stephanie Lorenz, Sabine Trageser, Jutta Pielmeier, Markus Becker und Kurt Brunner überzeugte in den unterschiedlichsten Besetzungen, ob solistisch, im Duo, Quatuor oder eben als Quintett mit Chor in den 10 „Sätzen“ des Oratoriums, ebenso wie in den „Carols“ des 1945 geborenen John Rutter. Dieser in London tätige, gegenwärtig als einer der bedeutendsten und populärsten Komponisten von Chor-und Kirchenmusik geltende Vertreter der Postmoderne – in der europäischen Kadenzharmonik verankert, behandelt diesen Bezugsrahmen aber höchst souverän und originell – harmonierte im Mitterfels Weihnachtskonzert durchaus mit dem Romantiker Saint Sant, ja bereitete im ersten Teil sozusagen rückwärts gerichtet den Bibeltexten des Weihnachtsoratoriums Raum und Stimmung. Insgesamt also, wie es ein Mitterfelser Konzertbesucher formulierte, ein wohlgelungenes Konzert, für das man Pfarrei und Ort nur beglückwünschen kann.

Bogener Zeitung , 02.01.2016, Karl Penzkofer