Seit mehr als drei Jahrzehnten lädt die Ökumenische Friedensdekade im November unter dem Motto „Zehn Tage für den Frieden“ zum Nachdenken, Beten und Handeln für den Frieden ein. Auch der Ökumenerunde Mitterfels liegt der Frieden am Herzen. Deshalb traf man sich auf der Burg zum ökumenischen Friedensgebet, wo viele Lichter den Weg zur traditionellen Friedensandacht wiesen.
In diesem Jahr lautet das Motto „Grenzerfahrung“ und greift die aktuelle Situation von Menschen auf, die als Flüchtlinge ihre Heimat verlassen und zahlreiche Grenzen überwinden müssen. Mit den Bibelstellen vom Gebet des Propheten Jona und dem Gleichnis vom Barmherzigen Samariter wurde versucht, Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Grenzen zwischen Ländern und Menschen überwunden und abgebaut werden können. Unter den Gläubigen, die sich zum Friedensgebet eingefunden hatten, waren auch zahlreiche Flüchtlinge aus der Asylunterkunft in Haselbach, die mit Interesse an der Andacht teilnahmen.
Das Ökumeneteam mit Diakon Walter Peter, Professor Dr. Karl Hausberger und Maria Birkeneder an der Spitze nahm zunächst Bezug auf das Plakat der Friedensdekade 2015. Es zeigt einen Riss in rotem Grund – Rot als Zeichen von Wärme, aber auch Gefahr, und den Riss, der an Verletzungen erinnert. „Menschen auf der Flucht bricht der Boden unter den Füßen weg“, erklärte Maria Birkeneder. Der Riss sei ein Symbol für den Tod Jesu, verweise aber auch auf die Auferstehung Christi: „Hinter dem Riss ist es hell – das gibt Hoffnung auf ein gutes Ende der Fluchtgeschichte.“
Von der Doppeldeutigkeit von Grenzerfahrungen sprach Karl Hausberger: Migranten und Flüchtlinge müssten Grenzen und Barrieren überwinden. Grenzerfahrungen mache aber auch die aufnehmende Gesellschaft: „Diese Bilder führen uns an eigene Grenzen. Da können wir nicht wegschauen. Da müssen wir etwas ändern. Denn Grenzen sind veränderlich.“
Gottes Geist habe Menschen schon vielfach über Grenzen hinweggeführt, so Hausberger. Grenzerfahrungen können auch positiv sein, betonte Diakon Walter Peter und erinnerte an den Mauerfall vor 26 Jahren. Neben vielen anderen, auch existenziellen Grenzerfahrungen, die Menschen machten, seien Grenzerfahrungen durch Kriege am schrecklichsten.
Am Gleichnis vom Barmherzigen Samariter machte Peter deutlich, dass jeder Notleidende „mein Nächster“ ist. Dass aber auch durch Helfen Grenzen überschritten werden und Nähe zugelassen werden muss, vom Helfer und vom Hilfsbedürftigen. „Wagen wir es, Grenzen zu überwinden und uns berühren zu lassen“, sagte Peter.
Im Glaubensbekenntnis von Seoul 1990 wurde der Glaube an die Liebe Gottes beschworen. Mit Liedern zur Gitarre von Walter Peter und Fürbitten für Frieden und „ein geschwisterliches Zusammensein“ mit Flüchtlingen und Alleingebliebenen, aber auch für Menschen, die in ihren Grenzen gefangen bleiben, endete die Andacht.
Bildtext : Unter dem Wort „Grenzerfahrung“ stand das Friedensgebet auf der Burg in Mitterfels. (Foto: erö)
Bogener Zeitung , 12.11.2015