Als die Jagd noch ein herrschaftliches Vergnügen war
Kaiser Albrecht I. (1298-1308) pflegte zu sagen:„Die Jagt gebür den Mannen, der dantz den Weibern, und er könne andere Wollust wohl entrathen, aber der Jagd gar nicht“. Es sind nur wenige seiner Vorgänger und Nachfolger gewesen, die sich nicht der gleichen Begeisterung für die Jagd angeschlossen haben.
Friedrich der Große, Prinz Eugen oder Gustav Adolf von Schweden hatten keinerlei Interesse an der Jagd. Sie waren eine große Ausnahme. Die Ausbildung in der Jagd gehörte nämlich zur adeligen Erziehung und galt als Mutprobe.
Karl der Große hat die Vorzüge der Jagd für die Gesundheit und die Geistesfrische gepriesen. Er entdeckte auch bei der Verfolgung eines Hirsches die berühmten heißen Quellen von Aachen und Kaiser Karl IV. bei einer ähnlichen Jagd die Quellen von Karlsbad, das nach ihm seinen Namen erhalten hat. Es heißt auch, dass das Waidwerk Karl den Großen mit dem Einsiedler Utto zusammenführte. Der Kaiser versprach dem Mönch, ein Kloster (Metten) zu bauen und ihn als ersten Abt einzuführen. Kaiser Ludwig der Bayer starb bei einer Bärenjagd in Puch beim Kloster Fürstenfeldbruck 1347.
Die deutschen Könige und Kaiser hatten für sich bedeutende Jagddistrikte, die sogenannten „Bannforste“. Es ist interessant, welche Zeremonien im 14. und 15. Jahrhundert stattfanden, wenn sie diese Waldungen zur Jagd besuchten. Dem Kaiser wurde eine Armbrust gereicht mit vergoldeten Pfeilen, die Hunde bekamen goldene Halsbänder und vieles mehr. Aber betrachten wir nur die Jagdleidenschaft der bayerischen Herzöge. Wilhelm V. (der Fromme, 1548-1626) sammelte Kunst, exotische Tiere, Hofnarren, Kammerzwerge, er war vor allem ein leidenschaftlicher Jäger, der trotz miserabler Finanzlage mit großem Aufwand 3 Jagdhäuser nur für die Bärenjagd im Bayerischen Wald bauen ließ. Erst sein Sohn Herzog Maximilian I.rettete trotz des Dreißigjährigen Krieges die bayerischen Staatsfinanzen nach 3 Jahren durch Monopole auf den Salzhandel und die Herstellung von Weißbier in ganz Bayern!
Ein unvorstellbarer Aufwand wurde z. B. bei der Bärenjagd mit Herzog Albrecht VI. im Jahre 1615 betrieben. Schon zur Vorbereitung durchsuchten „Vorsucher“ u. „Streifer“ Wochen vor der Jagd die Wälder nach Bären. Es mussten Unterkunft und Verpflegung für 100 Personen Hofstaat, Bereitstellung von Stallungen u. Futter für 50 Pferde und 50 Hunde organisiert werden.
Zum Hofstaat zählten: Oberhofmeister, Oberstallmeister, Jägermeister, Kämmerer, Secretari, fürstlicher Mundschenk, 3 Lakaien, Edelknaben, Leibbarbier, Leibschneider, Herzoglicher Beichtvater. Und zum Tross: Gejaidschreiber, Köche, Pferdeknechte, Stallknechte, Hundeknechte, Kammerhundwärter, Hundeköche, Kutscher, Mundkoch, Frauenzimmerkoch, Nebenkoch, Silberdiener, Bräuknecht, 4 Gärtner,1 Brotbube,1 Leibwäscherin, 1 Oberjäger, mehrere Jägerjungen, Tücherknechte, Netzknechte, Trompeter,1 Sängerknabe, 1 Maler. Auch die Frau des Herzogs nahm an der Jagd teil: Zum Gefolge der „ausbündig schönen und holdseligen“ Landgräfin: Oberste Hofmeisterin, 3 Jungfrauen, 1Kammerfrau, 3 Kammerdienerinnen, 1 Jungfrauenmagd,1 Krankenwärterin, 1 Wagen voll Tafelgeschirr.
Da sich bereits Anfang des 17. Jhd. der Bären-Bestand im Bayerischen Wald reduzierte, gab Herzog Albrecht VI. seinem Pfleger den eindringlichen Auftrag, „die Bären sorgfältig zu hegen“.
Wie die damalige Landbevölkerung gestellt war, zeigt eine Liste von Berufen (15. bis 19. Jahrhundert), die eine Existenz gerade noch ermöglichte: Meistens unfreie Bauern, Hirten, Holzhauer, Flößer, Jäger, Glashüttenarbeiter, Köhler, Steinhauer, Vogelfänger, Mistelsteiger, Ameisler (Sammler von Ameisenlarven als Vogel- und Kükenfutter)
Zunderschwammsammler, Bitzler, (Schnitzer von Holztrögen, Schindeln, Holzschuhen, Rechen und Holzschaufeln). War die Bärenjagd für die Landesherrn ein fürstliches Vergnügen, für die Waldbewohner war es ein Kampf um‘s Überleben.
Bären waren Nahrungskonkurrenten und ein ständiger Schrecken. Damals war die Zeit eine andere. Wenn ein Kalb oder das Schaf eines Häuslers gerissen wurde, so war das existenzbedrohend. Siedlungen wurden zum Schutz gegen Bär, Wolf und Raubgesindel mit einem 3m hohen lebenden Zaun „verhagt“. Nachts wurden die Eingänge mit Balken versperrt. Große, bissige, “geprügelte“ Hunde liefen frei in den Siedlungen herum. Die Waldbauern mussten für die herrschaftlichen Jagden jederzeit Hunde bereit halten.
Das war kein Nachteil. Die Hunde waren meist große Sau- und Bärenpacker, die nachts in den eingezäunten Siedlungen freigelassen wurden und so ein zusätzlicher Schutz gegen eindringende wilde Tiere und Raubgesellen waren. Damit sie nicht über den Zaun springen konnten, wurden sie „geprügelt“, d.h. am Halsband war an einem kurzen Strick ein Prügel befestigt, der beim Laufen auf die Vorderläufe schlug und ihnen das Streunen und Wildern schnell verleidete.
Als Beispiel, was die hochadeligen Jäger alles jagten, geben die zwei folgenden Schusslisten Auskunft:
Schussliste des Fürstlich Schwarzenbergischen Jägeramtes Krumau: Reißwild = Raubwild von 1603 – 1649: 85 Bären, 694 Wölfe,30 Luchse, 75 Wildkatzen.
Die Schussliste (1657 bis 1907) der Schwarzenberger Herrschaft Winterberg im Böhmerwald: 22 Bären, 66 Wölfe, 66 Adler,67 Uhus, 30 Wildkatzen. 383Fischotter, 2125 Auerhühner, 3100 Rebhühner und 50 000 Hasen.
Was damals offenbar normales Jagdwild war, ist heute stark bedroht oder gar verschwunden.
Mit dem „Wildbann“ war geregelt, wer was erlegen durfte. Damit war auch festgeschrieben, dass nur dem Landesherrn und privilegierten hohen Adel die Jagd auf besondere Wildtiere vorbehalten war. Zur „Hohen Jagd“ gehörten Bär und Wildschwein, Hirsch, Auerwild, Fasan, Adler, Schwan und Uhu. Der Kleine Wildbann oder die „Niedere Jagd“ berechtigte freie Bauern, Beamte, Pfleger, Richter, Prälaten und den niederen Adel Rehe, Füchse, Dachse, Hasen, Biber, Fischotter, Rebhühner, Schnepfen, Wildkatzen, Marder und Eichkätzchen zu bejagen.
In einer Herzoglich-bayerischen Verordnung von 1551 war auch das Jägerrecht geregelt, Teile des Tierkörpers, die dem Schützen gehörten: Die Haut und das „Innere“ (Lunge, Nieren, Schmalz, Nierenfett und das „Köpfl“ (Geweih)). Nicht zum Jägerrecht gehörig: das Wildbret und die Pranten.
Fotos und Repros: Hans Aschenbrenner