Nicht alles tun, was machbar ist - neue Ausbildung
Mitterfels. (erö) Seit August 2006 ist Sylvia Molnar (Drachselsried) Pflegedienstleiterin im BRK-Seniorenzentrum in Mitterfels.
Die gelernte Krankenschwester mit geronto-psychiatrischer Zusatzausbildung hat kürzlich am Klinikum in Nürnberg ihre Ausbildung als Ethikberaterin abgeschlossen und stellt ihr neues Wissen dem Seniorenheim zur Verfügung. Hier findet alle vier Wochen ein öffentlicher Informationstag zu Fragen der Seniorenbetreuung, der Pflegeversicherung und jetzt auch zum Thema Ethik durch Sylvia Molnar als Ansprechpartnerin statt.
Ethische Fragestellungen gewinnen in der Versorgung und Pflege hilfsbedürftiger Menschen immer mehr an Bedeutung. "Mit dieser Zusatzausbildung habe ich mir ein Grundwissen verschafft, um Menschen ein Stück weit unterstützend begleiten zu können", sagt Sylvia Molnar.
Sie sieht ihre Aufgabe als Beraterin und Vermittlerin zwischen Arzt und Patienten, zwischen Heimbewohnern, Pflegekräften und Angehörigen. Dabei geht es ihr vor allem darum, wie sich die letzte Lebensphase eines Menschen gestalten soll und um Fragen wie "soll eine Magensonde gelegt werden oder nicht". Häufig entscheide sich ein Heimbewohner in seiner letzten Lebensphase dafür, nicht mehr zu essen oder zu trinken.
Das ist für Angehörige, aber auch für das Pflegepersonal oft schwer auszuhalten, sagt Sylvia Molnar. "Wir müssen das akzeptieren. Hier gibt es kein `Richtig´ oder `Falsch´". Zwischen Heimbewohner und Pflegepersonal werde oft eine starke Beziehung aufgebaut. Der Tod werde dann schmerzlich empfunden. Auch dann bestehe Gesprächsbedarf.
Die Ethikberaterin steht Heimbewohnern und Angehörigen auch bei Entscheidungen, die beispielsweise Demenzkranke nicht mehr selbst treffen können, beratend zur Seite. Hilfreich sei eine Patientenverfügung, die Entscheidungen auf eine rechtliche Basis stellt. Es komme aber auch vor, dass Angehörige diese Verfügung nicht akzeptieren. Dann könne ein Gespräch helfen. Wenn Freiheits-entziehende Maßnahmen getroffen werden sollen oder in Situationen, bei denen sich ein Heimbewohner womöglich verletzen kann, ist die Ethikberaterin ebenfalls zu einem klärenden Gespräch bereit. Im Vordergrund ihrer Arbeit stehe immer die Selbstbestimmung des Bewohners, betont Molnar.
Manchmal stehe ich zwischen mehreren Stühlen, sagt Sylvia Molnar. Wenn beispielsweise Heimbewohner, Angehörige und Arzt sich nicht einig sind, was für den Betroffenen das Beste ist. "Das sind immer sehr schwerwiegende Gespräche". Die Ethikberaterin hat eigene, tiefe Erfahrungen mit der Pflege ihres Vaters gemacht. "Es ist mir oft auch schwer gefallen, die Entscheidungen meines Vaters zu akzeptieren" wie zum Beispiel das Ablehnen der Sonden-Ernährung. Sie sei jedoch zu der Erkenntnis gelangt: "Wir müssen nicht alles tun, was machbar ist. Der Wunsch des Menschen ist die Entscheidungsgrundlage".
Molnar, zu deren Aufgaben auch die Begleitung Sterbender gehört, bekommt zunehmend positive Rückmeldung von Angehörigen. Auch nach Beendigung der Ausbildung, an der Teilnehmer aus den verschiedensten Fachrichtungen wie Theologen, Soziologen, Ärzte, Krankenschwestern und Altenpfleger bis aus der Schweiz teilnahmen, bleiben Kontakte und Austausch untereinander bestehen. "Wir haben viel voneinander gelernt und schauen über den eigenen Tellerrand hinaus. Als Ethikberaterin bin ich nur unterstützend tätig. Ich muss meine eigene Meinung komplett aus dem Gespräch herausnehmen, damit mein Gegenüber die Möglichkeit hat, seine eigene Antwort zu finden".
Bildtext:
Sylvia Molnar: Ethikberaterin Sylvia Molnar hilft bei schwierigen Entscheidungenin der Pflege.
Bericht und Bild : erö (SR-Tagblatt, 12.11.2013)