Die Brücke Waldeck hat über Jahrzehnte das Bild am Mitterfelser Bahnhof geprägt. Doch das Bauwerk ist stark in die Jahre gekommen, eine Sanierung wäre nicht rentabel
Von Verena Lehner Mitterfels. Wer auf dem Radlweg entlang der alten Bahnstrecke zwischen Bogen und Miltach unterwegs ist, der kommt an so manchem schönen Fleckerl vorbei. Eins davon ist der alte Mitterfelser Bahnhof mit der nahe gelegenen Steinbogenbrücke Waldeck, die seit Jahrzehnten das Bild dort prägt. Idyllisch und nostalgisch zugleich thront sie über dem Radlweg.
Doch sieht man sich das alte Bauwerk genauer an, dann ist es schnell vorbei mit der Idylle. Denn der Brücke sind ihre gut 100 Jahre mittlerweile anzumerken. Sie ist stark sanierungsbedürftig und für schwere Fahrzeuge über neun Tonnen eigentlich nicht mehr befahrbar. Sanieren oder neu bauen? Seit vielen Jahren schon beschäftigt diese Frage rund um die alte Bahnbrücke den Gemeinderat, wie Bürgermeister Andreas Liebl erzählt. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Es wurde viel diskutiert, weil jeder hängt natürlich auch irgendwie ein bisschen an der Brücke“, sagt Liebl.
Dennoch war jedem klar: Es muss etwas gemacht werden. Ein großes Problem ist, dass die Brücke von oben her nicht mehr richtig dicht ist. Wasser läuft durch, die Fugen zwischen den Bausteinen bröckeln. Was der Radlfahrer, der unter der Brücke durchfährt, vielleicht nicht weiß: Die Brücke dient als Zufahrt für einige Anwohner. Liebl erklärt die Problematik: „Die Brücke ist nur noch für Fahrzeuge bis maximal neun Tonnen befahrbar.“ Allerdings müssten zum Teil einfach auch Lastwagen mit 18 Tonnen und mehr über die Brücke, um die Anwohner zum Beispiel mit Heizöl zu versorgen. Dazu kommt, dass die Zufahrt und auch die Brücke selbst zu schmal sind. „Die Anwohner dort haben natürlich das Recht auf eine sichere Zufahrt. Dafür hafte ich als Bürgermeister.“
Wellstahlrohrdurchlass wird die Brücke ersetzen
Nach vielen Diskussionen und vielen Abwägungen beschloss der Gemeinderat, eine neue Brücke zu bauen. Die Finanzierung habe dabei gar nicht die größte Rolle gespielt, wie Liebl erklärt. Denn Sanierung und Neubau hätten sich von den Kosten her gegenseitig nicht viel genommen. Doch Brücken- und Statikprüfungen und Bodengutachten hätten ergeben, dass die Brücke Waldeck nicht mehr so saniert werden kann, dass das Ziel von 30 Tonnen Tragfähigkeit erreicht wird. „Da würden wir nicht hinkommen, selbst wenn wir die Brücke von Grund auf sanieren würden.“ Deshalb wurde beschlossen, das Geld in eine neue Brücke zu investieren. Zunächst wollte die Gemeinde eine Betonbrücke bauen. Die wäre laut Liebl zwar ein wenig teurer gewesen als die alternative Wellstahlrohrbrücke. Allerdings wurde der Gemeinde eine Förderung zugesagt, mit der sie sich die Brücke hätte leisten können. Dann, als die ganzen Planungen unter Dach und Fach waren, hieß es bei der Endprüfung plötzlich: Das Ganze ist doch nicht förderfähig. „Das war natürlich ärgerlich für uns, weil wir schon viel Mühe und Zeit investiert hatten“, sagt Liebl. Aber es half nichts: Die Gemeinde musste umplanen. Und so entschied man sich letztlich für den Bau einer Wellstahlrohrbrücke.
Die Rodungsarbeiten sind bereits gemacht
Die Bauarbeiten sind bereits im Gange. Die dafür notwendigen Rodungsarbeiten entlang des Radlweges sind bereits von den Gemeindearbeitern komplett erledigt worden. Jetzt geht es dann an das Setzen des Wellstahlrohrs und die Hinterfüllung des Ganzen. Auch wenn die Gemeinde mit ihren Bauhofmitarbeitern so viel wie möglich an Eigenleistung erbringt, wird das Ganze trotzdem zwischen 400 000 und 500 000 Euro kosten. Und was passiert mit der alten Brücke? Die bleibt vorerst noch bestehen, so Liebl. Wie lange, das steht in den Sternen. „Das Sicherheitsrisiko ist ja mit dem Bau der neuen Brücke noch nicht ganz behoben“, erklärt der Bürgermeister. Noch immer könnten beispielsweise aufgrund der maroden Fugen Steine auf den Radlweg fallen. „Solange wir sie mit kleineren Reparaturarbeiten so erhalten können, dass kein Sicherheitsrisiko für den Radlweg besteht, bleibt sie erst einmal stehen.“ Sobald die Kosten aber zu hoch und die Instandhaltung zu kompliziert werden, werde sich ein Abbruch nicht vermeiden lassen.
Die Bahnstrecke zwischen Bogen und Miltach
Die Brücke Waldeck ist ein Stück Eisenbahn-Nostalgie. Sie erinnert an die Zeit, als noch Züge von Bogen aus in Richtung Cham rollten. Vor fast 128 Jahren, am 5. Dezember 1896, dampfte zum ersten Mal ein Zug durch den Mitterfelser Bahnhof. Als letzter von insgesamt drei Streckenabschnitten zwischen Straubing und Konzell wurde an diesem Tag die Teilstrecke zwischen Steinburg und Konzell feierlich eingeweiht. Von da an rollte das „Bayerwald-Bockerl“ – wie es in der Gegend liebevoll genannt wurde – Tag für Tag an Mitterfels vorbei.
Konzell war zunächst die Endstation, bis im Jahr 1905 schließlich auch die Gleise bis nach Miltach fertig gebaut waren. Am 1. Juni wurde der Streckenabschnitt zwischen Konzell und Miltach offiziell freigegeben. Damit hatte der Vordere Bayerische Wald eine durchgehende Nord-Süd-Eisenbahnverbindung zwischen Straubing und Cham.
Diese Verbindung ist mittlerweile Geschichte – und zwar schon seit ziemlich genau 40 Jahren. Franz Tosch vom Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels hat in seinem Beitrag „Unser Bayerwald-Bockerl erlebte seinen 100. Geburtstag nicht“ im Mitterfelser Magazin von 1996 das Bayerwald-Bockerl und seine Geschichte vom Anfang bis zum Ende beleuchtet. Er schreibt darin: „Am 29. September 1984 wurde der Reisezugverkehr zwischen Miltach und Steinburg für immer eingestellt, ab 29. November 1986 der Reisezugverkehr zwischen Bogen-Ost und Steinburg und der Güterzugverkehr zwischen Bogen-Ost und Konzell-Streifenau.“ Damit war das Ende der Bahnstrecke zwischen Bogen und Miltach besiegelt. Mittlerweile ist die alte Bahntrasse Teil des beliebten Donau-Regen-Radweges, der von Bogen nach Miltach führt. Aber noch immer erinnern alte Bauwerke wie der Mitterfelser Bahnhof oder das Bahnhofsgebäude bei Konzell-Süd an die alten Zeiten.
Bericht und Bilder (ver/SR-Tagblatt, 11.7.24)