Krippentage mit Papierkrippen und Schauschnitzen

Krippentage mit Papierkrippen und Schauschnitzen

Ein Krippenmittelpunkt

Mit den Mitterfelser Krippentagen hat Initiator Wolfgang Hammer, unterstützt von Guido und Theresa Scharrer von den Krippenfreunden Straubing, ein besonderes kulturelles Ereignis in die Marktgemeinde geholt. Fünf Tage lang war im Haus der Begegnung in der Pröllerstraße eine Vielzahl von Papierkrippen aus der Sammlung Scharrer zu sehen, die ihresgleichen sucht: Krippen in Papier, auch selbstgebaut und eigenhändig farbig bemalt und in eine Landschaft gestellt, originale Ausschneidebögen, auch aus Böhmen und Tschechien, und die beliebten Krippen zum Ausklappen aus einem Buch. Daneben fanden sich eine moderne Krippe aus Italien, bunte Rauschgold-Engel und Ostereier mit Weihnachtsmotiv.

Die junge Harfenistin Evelyn Spanner gab dem Einführungsabend mit Harfenmusik den festlichen Rahmen. Menschliches Miteinander wird gebraucht Diese Papierkrippen seien etwas Besonderes, betonte Bürgermeister Andreas Liebl. „Gerade in der Advents- und Vorweihnachtszeit brauchen wir das menschliche Miteinander.“ Er stellte kurz den Krippenschnitzer Tobias Haseidl (Oberammergau) vor. Initiator Wolfgang Hammer erinnerte daran, dass Weihnachtskrippen in Mitterfels schon lange eine wichtige Rolle gespielt haben.

Da gab es 1994 eine Ausstellung der Brembeck-Krippen, 2014 wurde im Burgmuseum eine umfangreiche Krippenausstellung gezeigt und bis heute ist die große Illnerkrippe im Museum zu bewundern. So könne man heute sagen: „Mitterfels ist ein Krippenmittelpunkt“. Gedankt wurde neben dem Ehepaar Therese und Guido Scharrer der Marktgemeinde Mitterfels, dem Gemeinderat und dem Kulturbeauftragten Paul Wintermeier für die Unterstützung. Gekonnt führte Scharrer in die wundersame Welt der Krippen und hier besonders der Papierkrippen ein. Eine kleine heile Welt, die mit den Barockkrippen mit dem 18. Jahrhundert ihren Anfang nahm, zuerst in Italien, später in Tirol, Süddeutschland, Böhmen und Mähren.

Nicht selten malten bekannte Künstler die häufig zahlreichen Figuren, oft aus dem unbeschwerten Volksleben, aber orientiert auf das Jesuskind. Als um 1800 die Lithographie erfunden wurde, konnten die meist recht bunten Ausschneidebögen zur Massenware werden, manchmal zu einseitig als „Arme-Leute-Krippe“ abgewertet. Mit bis zu 1 000 Personen und Tieren konnte sich eine Papierkrippe vor einer fantasievollen Ideallandschaft zusammensetzen, berichtete Scharrer. Neben weihnachtlichen Motiven entstanden Szenen zur Passion oder zum Leben Jesu. Eng verwandt mit den Ausschneidebögen – aus Karton ausgeschnitten oder auf Sperrholz geklebt und ausgesägt – seien die Klapp- und Faltkrippen, Krippendioramen, Theaterkrippen oder Aufstellbücher mit ausklappbaren weihnachtlichen Szenen, die besonders Kinder erfreuen sollten. Tobias Haseidl gab Tipps zum Krippenschnitzen

Dass sich das Ehepaar Scharrer auch mit Krippenkultur beschäftigt, wurde an einer modernen Papierkrippe aus Italien oder einem dem Nürnberger Christkindl nachempfundenen Rauschgoldengel deutlich. Ein besonderes Ereignis im Rahmen der Ausstellung war der Besuch des Oberammergauer Holzbildhauers und Krippenschnitzers Tobias Haseidl, der am Samstag den Interessierten die Geheimnisse des Krippenschnitzens näher brachte. Haseidl, der aus einer alten Holzschnitzerfamilie stammt, verwendet am liebsten Linden- und seltener Zirbenholz, und berichtete von seiner neuesten Aufgabe, der Gestaltung des Bühnenbildes der Oberammergauer Passionsspiele 2022. Haseidl schnitzt nicht nur Krippenfiguren, sondern auch Tiere, Karikaturen und vieles aus der Alltagswelt. Krippen seien oft Sinnbilder des täglichen Lebens. „Beim Schnitzen bin ich ganz allein“, sagt Haseidl. „Und jede Figur erzählt ihre ganz eigene Geschichte“.

Auch an die Kinder war bei der Krippenausstellung gedacht: Am Sonntagnachmittag gab es ein fröhliches Krippen-Basteln mit Theresa Scharrer. Die Ausstellung war noch am Montag und Dienstag nach Voranmeldung geöffnet. (erö)

 

Bericht und Bilder : erö (SR-Tagblatt, 15.11.2022)