Auf die Schnelle :  Alex Tauscher
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Auf die Schnelle : Alex Tauscher

Der Mitterfelser Alex Tauscher (19) startet in zwei Rennserien parallel und durchläuft die Porsche-Talentschmiede.

In fünf Jahren sieht er sich eher in Le Mans als in der Formel 1

Alex Tauscher ist es gewohnt, in Bruchteilen von Sekunden zu entscheiden. Sollte er auch – sonst übernehmen das die 510 Pferdestärken des Sechs-Zylinder-Boxermotors unter der Haube seines Porsche 911, mit dem er regelmäßig auf den schnellsten Rennstrecken Deutschlands und einiger Nachbarländer unterwegs ist. Am Steuer des Tourenwagen-Boliden muss der 19-jährige Mitterfelser in jedem Moment Herr der Lage sein. „Und das ganz ohne elektronische Fahrhilfen wie Traktionskontrolle“, wie er schon ein bisschen stolz ins Gespräch einfließen lässt. Eine Frage bringt den eloquenten Abiturienten, der von letzter Saison auf diese vom Porsche-GT4-Cup in die GT3 aufgestiegen ist und im ersten Rennen vor zwei Wochen im französischen Nogaro als Rookie auf Anhieb als Vierter das Podest nur knapp verpasste, aber doch kurz ins Schlingern. Die Frage, wo er sich als Rennfahrer in fünf, sechs Jahren sehe. In der Formel 1, wie man es von einem ambitionierten Nachwuchs-Motorrennsportler erwarten würde? „Eigentlich nicht“, sagt Tauscher nach kurzem Überlegen: „Die Formel 1 ist gar nicht mal so mein Ding.

Ich sehe mich eher als Werksfahrer bei Porsche oder einem anderen Team. Und irgendwann mal bei einem 24-Stunden-Rennen wie dem in Le Mans.“ Tauscher sitzt im Zug von Brandenburg via Oberpfalz in die niederbayerische Heimat, als es nach ein paar Versuchen mit dem vereinbarten Gespräch klappt. „Sorry“, entschuldigt er sich am Handy, „ich komme gerade vom Fitness-Check in Potsdam. Wir werden vom Team ja nicht bloß finanziell unterstützt, sondern bekommen auch Dinge wie Ernährungstipps mit auf den Weg.“ Das „Team“ – das ist der Talent-Pool von Porsche, dem Alex Tauscher seit kurzem angehört. Und „wir“ – das sind neben dem Mitterfelser noch sieben weitere junge Rennfahrer, die vom Motorsport-Schwergewicht Porsche unter die Fittiche genommen wurden und sukzessive aufgebaut werden sollen. Eine Garantie für eine Karriere als Profi sei das natürlich noch lange nicht, weiß Tauscher.

Aber ein vielversprechender erster Schritt allemal. Die Begeisterung dafür, ein motorisiertes Fahrzeug im Wettkampf mit anderen möglichst schnell vorwärts zu bewegen, und vermutlich auch ein gewisses Talent dafür hat Alex Tauscher von seinen Eltern Beate und Manfred mitbekommen. „Die sind beide selbst lange Zeit Rennen gefahren“, erzählt der Sohn, „allerdings auf Motorrädern.“ In der Action-Bike-Serie seien sie mit 1 000er-Superbikes auf Strecken in ganz Europa unterwegs gewesen. Vater Manfred auf Honda, Mutter Beate mit ihrer Ducati. Immerhin erübrigt sich damit die Frage, die sich im Zusammenhang mit Motorsport natürlich auch immer stellt – die nach der Gefährlichkeit und danach, wie die Familie und Menschen, die ihm nahe sind, zu dem Ganzen stehen.

Eine Freundin, die an der Box um ihn bangt, gebe es im Moment noch nicht, wie Alex Tauscher verrät. An dem, was er tut, liege das aber nicht, denkt der 19-Jährige. Eher schon daran, dass er nichts trinke und deshalb auch noch nie auf einer Party gewesen sei. „Und seit Corona hatte man ja, außer zum Team auf der Rennstrecke, nicht wirklich viel Kontakt zu anderen Leuten.“ Und die Eltern? „Die sind, was den Rennsport angeht, relativ cool“, glaubt Alex Tauscher, „meine Mama vielleicht sogar noch mehr als mein Papa, der schon manchmal ein bisschen nervös wird, wenn er mich fahren sieht. Aber eigentlich kennen die mich und wissen, dass ich ein vorsichtiger Mensch bin und keine unüberlegten Dinge tue.“

Trotzdem ist anzunehmen, dass den Eltern die vorläufige Berufswahl von Alex’ 17-jährigem Bruder Michael vielleicht doch ein bisschen sympathischer ist. Der betreibt nämlich professionell Sim-Racing, fährt also möglichst realitätsnahe Autorennen im Simulator. „Und da ist er sogar einer der Besten überhaupt und hat mit seinem Team schon den VCO-World Cup gewonnen“, berichtet der ältere Bruder. Was Alex Tauscher natürlich auch weiß: Im Gegensatz zum Sim-Racing können bei ihm Fehler auf der Strecke fatale Folgen haben – wie der 19-Jährige auch schon selbst erleben musste: Beim Rennen der GT4-Serie im letzten Jahr auf dem Red-Bull-Ring in Österreich wurde sein Porsche von einem Konkurrenten, der von außerhalb der Begrenzung auf die Strecke zurück wollte – und zwar so, „wie man es gar nicht machen sollte“, wie es Tauscher beschreibt – , abgeschossen. „Der hat mich vorne am Reifen getroffen, und dann bin ich ziemlich heftig abgeflogen.“ Was so ein Crash mit einem macht? Sehr viel nachdenken dürfe man darüber nicht, sagt Tauscher: „Sonst bist du im nächsten Rennen wahrscheinlich zu langsam.“

Da spricht die Erfahrung von fast zehn Jahren im Rennsport. Zu seinem zehnten Geburtstag spendierten ihm die Eltern den Besuch einer Indoor-Kartbahn. Offenbar ein prägendes Erlebnis: „Mir hat das von Anfang Riesenspaß gemacht“, sagt Tauscher. Und vor allem habe er bald gemerkt, dass er meist ein Stückchen besser war und eher im Ziel als die meisten anderen. Deshalb habe er von da an jede freie Minute auf der Kartbahn in Straubing verbracht und „mit meinem Vater einfach schöne Zeiten erlebt, auch weil die Betreiber und alle Leute da einfach super nett sind“. Von da an ging es – im wahrsten Sinne des Wortes – schnell: Alex Tauscher begann, Rennen zu fahren und gewann in den jeweiligen Kartserien so ziemlich alles, was es auf Bayern- und Deutschlandebene zu gewinnen gab.

Der Abschied vom Kartfahren wurde ihm vor zwei Jahren dadurch erleichtert, dass sein allerletztes Rennen auch gleichzeitig sein bis dahin bestes war: „Da waren 50 Fahrer am Start, unter anderem die damaligen Europa- und Weltmeister. Und ich habe gewonnen.“ Nach einem Jahr in der GT4 erfolgte zu dieser Saison der Aufstieg in den noch einmal deutlich leistungsstärkeren Porsche-911-GT3- Cup. Am ersten Rennwochenende des französischen Porsche-Carrera-Cups, bei dem er zur Vorbereitung auf die deutsche Serie parallel startet, gelangen ihm als Neueinsteiger auf Anhieb die Plätze vier und sieben. „Mit so einem Start hatte ich nicht gerechnet“, so Tauschers zufriedenes Fazit. Nach einem kurzen Boxenstop bei den Eltern daheim in Mitterfels geht es für Alex Tauscher bereits diese Woche weiter ins belgische Rennsport-Mekka Spa-Francorchamps, vom 5. bis zum 8. Mai erste Station des deutschen Porsche-Marken-Cups. Von da geht es nur eine Woche später nach Magny-Cours in Frankreich und von da weiter an den österreichischen Red-Bull-Ring. Das sind Namen und Orte, die man auch von den TV-Übertragungen von Formel-1-Rennen kennt.

Also doch noch mal kurz die Nachfrage, ob die selbsternannte Motorsport-Königsklasse nicht doch ein Fernziel für ihn sei. „Klar, wenn man anfängt, träumt jeder irgendwann mal davon“, gibt Tauscher zu, „aber mittlerweile ist die Formel 1 so weit weg und für 99,9 Prozent der Rennfahrer zum Beispiel auch finanziell gar nicht realisierbar.“ Alexander Tauschers Ziele sind zwar auch ziemich ambitioniert, aber zumindest scheinen sie für einen mit seinem Talent und seinem Ehrgeiz in Reichweite: die Serie dieses Jahr mit einigen Top-Platzierungen abschließen, irgendwann der Aufstieg in den Super-Cup und sich über diverse Sichtungen für einen Profivertrag empfehlen. Und dann – ganz oben auf der Wunschliste: der Start möglichst mit einem Werksteam bei einem Langstrecken-Klassiker, am liebsten den 24 Stunden von Le Mans. Da wäre der Plan A. Und Plan B? Da fällt Alexander Tauscher tatsächlich wieder nichts ein. Zumindest nicht auf die Schnelle.

 


Der beste Rennfahrer aller Zeiten? „Valentino Rossi!“
 
Seit es Autos und Motorräder gibt, messen sich Menschen darin, wer am schnellsten von A nach B kommt. Der Rennsport fasziniert – hat aber immer schon mit Klischees zu kämpfen. Porsche-Pilot Alex Tauscher räumt mit ein paar von ihnen auf:
Wer bremst, verliert: Teils, teils, findet Tauscher. „Das Besondere an den Autos, mit denen wir unterwegs sind, ist, dass sie komplett ohne elektronische Fahrunterstützungen auskommen – also auch ohne ABS. Wenn man da allerdings mal falsch bremst, zu fest oder einfach im falschen Moment auf einer Bodenwelle, blockieren sofort die Räder. Dann kann es schnell passieren, dass man rausfliegt.“
Rennfahrer fallen im normalen Straßenverkehr oft als gewohnheitsmäßige Raser auf: Da könne er nur für sich sprechen, sagt Alex Tauscher: „Auf der Landstraße bin ich sportlich unterwegs, aber auch nicht übermäßig schnell. Aber auf der Autobahn bin ich einer der Langsamsten, weil ich eigentlich immer mit dem Tempomat 125 Stundenkilometer fahre. Und damit gehört man in Deutschland ja schon eher zu den Lahmen.“
… und sind dafür miese Beifahrer: Stimmt – jedenfalls im Fall des Mitterfelsers. „Als Beifahrer bin bestimmt der schlechteste, den man sich überhaupt vorstellen kann. Mir fällt jedenfalls niemand ein, der so schreckhaft ist wie ich.“
Motorsport an sich ist – schon aus ökologischen Gründen – unzeitgemäß: Dem widerspricht Alex Tauscher energisch und verweist auf viele technische Neuerungen, die den Rennsport umweltverträglicher machen sollen. „Mittlerweile schaut fast jede Serie darauf, dass sie klimaneutral unterwegs ist. Im Supercup wird beispielsweise schon jetzt Treibstoff verwendet, der komplett regenerativ ist“, sagt Tauscher. „Der Motorsport ist sich dessen voll bewusst, dass in der Beziehung ein Umdenken stattfinden muss. Und das findet auch bereits statt.“
Der beste Rennfahrer aller Zeiten ist der siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher – oder wahlweise die Rallye-Legende Walter Röhrl: Weder noch, findet Alex Tauscher. „Beide waren ja, ehrlich gesagt, ein bisschen vor meiner Zeit. Mir fällt da Valentino Rossi ein.“ Der Italiener ist zwar eigentlich Motorradfahrer – beziehungsweise: war, denn der x-fache Weltmeister hat seine Zweirad-Karriere beendet und fährt nach seinem Wechsel auf vier Räder mittlerweile auch GT3 – wie Tauscher. Für den ist Rossi aber vor allem eines: „Sehr inspirierend!“

Von Rainer Soobek (SR-Tagblatt, 5.5.2022)

 

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