Fatale Kurvenführung

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Trotz regelmäßiger Unfälle: Straßenstück vor Mitterfels ist offiziell kein Unfallschwerpunkt

Der Oktober geht zu Ende, und mit ihm die Motorradsaison. Auch diesmal sind die sonnigen Monate nicht ohne Meldungen von verunglückten Bikern verstrichen. Unter den Unfallstrecken diesmal auch wieder mit dabei: die Staatsstraße 2147 zwischen Mitterfels und Ascha. In den vergangenen Jahren ist es dort immer wieder zu teils schweren Motorradunfällen gekommen. Neuralgische Stellen: die letzten beiden Kurven vor dem Ortsschild Mitterfels.

Von Verena Lehner

Ortsansässige kennen die Strecke zwischen Ascha und Mitterfels gut, denn sie ist nicht ganz ungefährlich. In zahlreichen Kurven führt die Straße hinauf zur Marktgemeinde. Sie verläuft dabei durch ein kurzes Waldstück, wo sich Nässe und Glatteis gerne einmal ein bisschen länger auf der Straße halten, und endet dann in zwei langgezogenen Kurven hin in Richtung Ortsschild Mitterfels. Dabei hat es das letzte Stück kurz nach der Einfahrt in Richtung Kohlham noch mal in sich: Die letzte Kurve hat ihren Scheitelpunkt nämlich ausgerechnet auf einer Kuppe, was die Strecke zusätzlich unübersichtlich macht. In den vergangenen Jahren haben sich an dieser Stelle immer wieder teils sehr schwere Unfälle mit Motorradfahrern ereignet. Das jüngste Unglück ist noch nicht einmal zwei Monate her: Am 4. September ist eine 26-jährige Motorradfahrerin ortsauswärts in der langgezogenen Linkskurve wegen eines Fahrfehlers nach rechts von der Straße abgekommen und wurde dabei schwer verletzt (wir berichteten).

Die 26-Jährige wurde so unglücklich gegen ein Verkehrsschild geschleudert, dass sie dabei ihren Arm verlor. Die junge Frau prallte nämlich ausgerechnet gegen eine der drei kleinen Richtungstafeln, die vor der kurvenreichen Strecke warnen sollen. Diese Tafeln wurden laut Rita Kienberger, Verkehrssicherheitsbeauftragte des Landkreises Straubing-Bogen, erst vor Kurzem angebracht und ersetzen die große Richtungstafel. Das seien die neuesten Vorgaben. Zwei Tote in zwei Monaten Im Jahr 2014 ist es an fast derselben Stelle innerhalb zwei Monaten zu zwei noch schwereren Unfällen mit Bikern gekommen.

Am 19. Juni starb ein 63-jähriger Motorradfahrer aus dem Landkreis Cham, als er von Ascha kommend kurz vor der Ortseinfahrt Mitterfels in der Rechtskurve von der Fahrbahn abkam, stürzte und in ein entgegenkommendes Auto prallte. Einige Wochen später, am 10. August, rutschte ein 39-jähriger Familienvater aus dem Landkreis Regensburg in eben jener Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn und schleuderte dabei ebenfalls in ein entgegenkommendes Auto. Auch er starb. Die Staatsstraße 2147 zwischen Ascha und Mitterfels ist den zuständigen Stellen als besonders unfallträchtig bekannt. Trotzdem: Besagte Stelle kurz vor dem Ortsschild Mitterfels ist seit dem Jahr 2011 nicht mehr als Unfallschwerpunkt gelistet, wie ein Anruf bei Polizeihauptkommissar Jürgen Mißlbeck zeigt. Mißlbeck ist bei der Polizeiinspektion Straubing der zuständige Sachbearbeiter für Verkehr und Herr über eine Karte, auf der jeder Unfall im Landkreis verzeichnet wird. Anhand dieser Karte wird das Unfallgeschehen im Landkreis ausgewertet.

So werden die Unfallschwerpunkte ermittelt. Dabei spielt es unter anderem eine Rolle, wie oft es an einer bestimmten Stelle zu einem Unfall kommt und wie schwer die Unfälle sind (siehe Infokasten). Die aktuelle Auswertung umfasst den Zeitraum von 2015 bis 2017. Darin ist die Staatsstraße 2147 zwischen Ascha und Mitterfels zwar als Unfallschwerpunkt aufgeführt, allerdings an einer anderen Stelle, und zwar auf Höhe Zachersdorf. In der Tat wird auch diese Stelle immer wieder zu einem Unfallort, weil sie ebenfalls sehr kurvenreich ist und durch ein kurzes Waldstück führt. „An dieser Stelle wurden im Erfassungszeitraum vermehrt Unfälle registriert und auch bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet“, erklärt Jürgen Mißlbeck und verweist dabei auf die zuständige Stelle im Landratsamt. Rita Kienberger bestätigt das. „Es wurden bereits Richtungstafeln und Leitplanken mit Unterfahrschutz angefordert.“ Diese Leitplanken sollen verhindern, dass Motorradfahrern bei einem Sturz Körperteile abgetrennt werden. Stelle nach wie vor kritisch Kienberger bestätigt auch, dass die Stelle nach Kohlham aktuell nicht als Unfallschwerpunkt gelistet ist, dafür aber vor einigen Jahren. Und zwar in der Unfall-Auswertung von 2009 bis 2011. „Damals wurden auch einige Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu entschärfen.“

So ist laut Kienberger unter anderem die Deckschicht erneuert worden, Geschwindigkeitsmessungen wurden durchgeführt und Markierungen erneuert. „Und die Maßnahmen haben etwas gebracht, nach 2011 wurde es besser.“ Trotzdem kam es im Jahr 2014 zu zwei tödlichen Motorradunfällen. Und auch der aktuelle Fall vom 9. September zeigt, dass die Stelle nach wie vor kritisch ist. Darauf angesprochen, sagt Rita Kienberger: „Wir werden uns bei der nächsten Verkehrsschau die Stelle noch einmal anschauen und überlegen, ob noch was gemacht werden kann.“

 


KOMMENTAR

Ein Gesamtkonzept, bitte!

Wer die Staatsstraße zwischen Ascha und Mitterfels kennt, weiß, wie schnell einem auf dieser kurvenreichen Strecke ein Fahrfehler passieren kann. Deshalb muss die Devise „Runter vom Gas“ selbstverständlich immer oberste Priorität haben. Denn ein gewisses Maß an Eigenverantwortung gehört im Straßenverkehr dazu. Dass sich die verantwortlichen Behörden auf statistische Werte verlassen, bevor etwas unternommen wird, ist verständlich, hat jedoch gerade in dem speziellen Fall der Staatsstraße 2147 einen etwas faden Beigeschmack. So besagt die Statistik, dass in den beiden Kurven vor dem Ortsschild Mitterfels innerhalb des Erfassungszeitraums von 2012 bis 2014 zu wenig passiert ist, als dass diese als Unfallschwerpunkt eingestuft werden kann – und das, obwohl im Jahr 2014 innerhalb von zwei Monaten zwei Motorradfahrer an eben jener Stelle ums Leben gekommen sind.

Im Erfassungszeitraum von 2015 bis 2017 taucht die Staatsstraße 2147 zwischen Ascha und Mitterfels dann plötzlich wieder als Unfallschwerpunkt auf, allerdings an anderer Stelle: auf dem Kurvenstück kurz vor Zachersdorf. Provokant ausgedrückt: An dieser Stelle sind genug Unfälle passiert, damit etwas getan wird. Doch anstatt immer nur einzelne Stellen mit Leitplanken, Warnschildern oder Geschwindigkeitsbeschränkungen zu entschärfen, wäre es sinnvoll, einmal über ein Gesamtkonzept nachzudenken. Die Staatsstraße 2147 zwischen Ascha und Mitterfels ist Jahr für Jahr Schauplatz von Unfällen – was unter anderem auch daran liegt, dass sie in den Sommermonaten eine beliebte Strecke bei Bikern ist. Ein Tempolimit für den gesamten Streckenabschnitt wäre deshalb vielleicht eine geeignete Maßnahme. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis dort der nächste Unfall passieren wird.

Verena Lehner

 

Bericht und Bild : Verena Lehner, SR-Tagblatt 30.10.2019