Seit 27 Jahren gibt es in Mitterfels die Behinderteneinrichtung Bruder-Konrad-Werkstätte (BKW) unter der Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge KJF in Regensburg. Doch seit einiger Zeit meldet Betriebsleiter Manfred Schmid dringenden Bedarf an Wohnheimplätzen an.
Bisher wohnen viele der 180 Beschäftigten bei ihren Eltern und müssen tägliche Busfahrten in Kauf nehmen. Eine Umfrage bei Eltern und Betroffenen hat laut Schmid diese Notwendigkeit von Wohnheimplätzen bekräftigt. Als betroffener Vater und Vertreter einer Elterninitiative hatte sich der Mitterfelser Helmut Dietl für den Bau eines Wohnheim für Menschen mit Handicaps stark gemacht. Das ideale Grundstück ist auch gefunden: Das Gelände des ehemaligen Ferienhotels an der Steinburger Straße, wo noch bis 2020 Flüchtlinge untergebracht sind. Dietl hatte Erfolg: Inzwischen steht fest, dass die KJF hier mittelfristig ein Wohnheim bauen wird. Auch die Marktgemeinde hat grünes Licht gegeben. Nun fand auf Einladung von Betriebsleiter Manfred Schmid in der Werkstätte eine Informationsveranstaltung statt, wo Dietl in einer Präsentation das Zukunftsprojekt „Soziale Mitte in Mitterfels“ vorstellte, „als Impulsgeber und Ideensammler“.
Investor gesucht
Die Realisierung verschiedener Wohnkonzepte biete sich als Nachfolgenutzung geradezu an, meinte Dietl. Es sei an einen Zeitraum innerhalb von drei bis fünf Jahren gedacht. Fazit auch der KJF: „Das Grundstück ist bestens geeignet. Es liegt ideal zu Versorgungseinrichtungen wie Banken, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzten“. Dietl machte konkrete Vorschläge: Auf 4 000 der insgesamt 19 000 Quadratmetern Fläche könnte ein Wohnheim und geförderter Wohnraum für 24 Menschen mit Handicaps gebaut werden, vorwiegend Einzelzimmer und kleine Appartements, verbunden mit der Betreuung durch die KJF. Die weitere Grundstücksfläche könnte für die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum für weniger behinderte Menschen, für Senioren, Seniorenwohngruppen und Betreuungspersonal oder die Schaffung von sozialem Wohnungsbau genutzt werden. „Im Sinne eines Mehrgenerationen-Wohnens“, schlug Dietl vor. Dafür müsse jedoch ein Investor gefunden werden. Zur Unterstützung der Marktgemeinde denkt Dietl an die Gründung eines Fördervereins. Jetzt sei die Gemeinde am Zug. Im Ausschuss Wirtschaft, Tourismus und Entwicklung seien bereits grundsätzliche Überlegungen für die weitere Nutzung des Geländes angestellt worden, erklärte Bürgermeister Heinrich Stenzel. Der Gemeinderat befürworte wie vorgeschlagen ein Wohnheim für Behinderte, eine Ortsbesichtigung mit Vertretern der KJF und eines Planers habe stattgefunden. Überlegt werde unter anderem, welche der Häuser übernommen werden könnten, dazu müsse der Bestand noch geprüft werden. Auch Kontakte mit dem sozialen Wohnungsbau seien geplant. Allein könne die Marktgemeinde das Projekt jedoch nicht stemmen. Dazu müsse ein Investor gefunden werden, so Stenzel. Dietl hatte auch hier einen Vorschlag, er rechnete Fördermöglichkeiten vor und regte an, in die spätere Planung auch das Restaurant „Zirbelstube“ und die Tennishalle, beide in privater Hand, miteinzubeziehen. Elke Steinberger, stellvertretende Abteilungsleiterin der KJF Regensburg, informierte über Details: Es werden nur kleine Wohneinheiten bis zu 24 Plätzen gefördert; das barrierefreie Haus wird zwei Wohngruppen für jeweils zwölf Personen, auch Rollstuhlfahrer, und kleine Einzelappartements mit Bad, Küche und Gemeinschaftsräumen umfassen. Menschen, die keine Betreuung benötigen, können ihr Appartement selbst mieten. Nächste Schritte werden der Antrag an den Bezirk und den Sozialhilfeausschuss sein, dann können Planung und Raumkonzept erstellt werden.
„Ein langer Weg“
Es werde aber ein langer Weg werden, sagte Steinberger. Karin Aumer, Bereichsleiterin der KJF-Wohngemeinschaft Sankt Hildegard in Haselbach, informierte über die Einrichtungen in Bogen und Haselbach, beantwortete Detailfragen zum Thema Betreuung – „unsere Bewohner sollen so weit wie möglich selbstständig leben“ – und bot eine Besichtigung der Einrichtung an. Gefragt, wie das BRK-Seniorenzentrum das Projekt unterstützen könnte, erwähnte Heimleiter Christian Herrman das Pflegestärkungsgesetz, das die Selbstständigkeit der Betroffenen fördert, und wies auf „Essen auf Rädern“ und ambulante Pflege hin. Er begrüße seniorengerechtes Wohnen als Vorstufe des Seniorenheims, sagte Herrmann. Einen Glücksfall nannte ein Mitterfelser Bürger das Projekt „Soziale Mitte in Mitterfels“ mit altersgerechtem Wohnraum für Ehepaare oder Singles, verbunden mit der Möglichkeit, Betreuung oder Dienstleistungen dazuzukaufen. Der Bedarf sei vorhanden. „Wir wollen ein lebendiges Wohnfeld schaffen und sind glücklich, dass sich etwas tut. Die Idee darf nicht verpuffen“, mahnte Schmid abschließend. Nach Abklärung der rechtlichen Seite soll ein Förderverein gegründet werden, meinte Dietl. „Jetzt ist die Gemeinde gefordert. Nutzen Sie diese Chance!“
Straubinger Tagblatt, 7.4.2017