Artenschutz trifft Denkmalschutz

 

Von David Salimi Mitterfels. Wo normalerweise um diese Zeit Handwerker schrauben und hämmern müssten, steht momentan alles still. Einzig der Bauzaun und mit einer Plane abgedeckte Zementsäcke lassen auf die notwendigen Sanierungsmaßnahmen der Kirche Sankt Georg unterhalb der Burg in Mitterfels schließen. Der Grund für den Stillstand: ein Fledermausquartier auf dem Dachboden, das die Naturschutzbehörde auf den Plan gerufen hat. Das Artenschutzgesetz sieht nämlich vor, dass die geschützten Fledermausarten in ihrer Wohnstube, in der sie ihre Jungen großziehen, nicht gestört werden sollen. Aus diesem Grund dürfen von April bis September unter dem Dach keine Arbeiten durchgeführt werden. „Stattdessen sollen wir den Dachstuhl in den Wintermonaten sanieren“, sagt der Mitterfelser Pfarrer Dominik Daschner.

Seit Monaten steht er mit der Naturschutzbehörde der Regierung von Niederbayern in Kontakt. Sanierung im Winter ist nur schwer vorstellbar Einer Sanierung während der kalten Jahreszeit steht Daschner allerdings skeptisch gegenüber: „Für die Bekämpfung des Echten Hausschwamms und das Aufmauern der Gesimse braucht es mindestens plus fünf Grad Gebäudetemperatur“, erklärt er. Auch wenn der vergangene Winter sehr mild war, hält Daschner solche Temperaturen während der vielen Wochen, die die Dachsanierung in Anspruch nehme, für eher unwahrscheinlich. Von der Naturschutzbehörde wurde ihm deshalb vorgeschlagen, die Dachsanierung stattdessen über mehrere Jahre hinweg vorzunehmen. „Das würde aber unendlich lange Gerüststandzeiten bedingen, die dann auch bezahlt werden müssten, was die Pfarrei aber nicht kann“, so Daschner. Überhaupt sei die Pfarrei in der Finanzierung dieser Renovierungsmaßnahme ohnehin schon an ihre finanzielle Schmerzgrenze und sogar darüber hinaus gegangen. Zwar übernehme das Bistum Regensburg die Hälfte der Kosten, dennoch blieben 465 000 Euro für die Pfarrei zu zahlen. 2019 gelang es Daschner, Zuschüsse unter anderem vom Landkreis, dem Landesamt für Denkmalschutz, dem Bezirk Niederbayern und der Bayerischen Landesstiftung durchzusetzen.

Auch nachdem sich die Renovierungskosten höher als zunächst gedacht herausgestellt hatten, entschied man sich dennoch dazu, von der Maßnahme nicht abzulassen. „Wenn auch mit Bauchschmerzen“, wie Pfarrer Daschner zugibt, denn das Restrisiko eines strengen Winters bleibe nach wie vor. Allerdings handele es sich bei der Georgskirche um ein prägendes Wahrzeichen des Marktes Mitterfels, das es zu erhalten gilt, ist der Geistliche überzeugt. Bis vor Kurzem hatte er noch die Hoffnung, bereits ab August unter entsprechenden Schutzvorkehrungen die Sanierungsmaßnahmen im Dachstuhl wieder aufnehmen zu können. „Bei der Kirchenrenovierung in Haselbach 2017 hat das ohne Probleme funktioniert“, erinnert er sich. Wie nun in Mitterfels haben sich nämlich auch in der vier Kilometer entfernten Kirche Sankt Jakobus Fledermäuse im Dachstuhl eingenistet. Anders als jetzt in Mitterfels habe die Naturschutzbehörde in Haselbach damals einer der Situation angepassten Fortführung der Sanierung ohne Weiteres zugestimmt. Schaden haben die Fledermäuse dank der angepassten Arbeitsweise keinen davongetragen, sagt Daschner. In Haselbach habe man nämlich provisorische Zwischenwände errichtet, um die Fledermäuse während der Arbeiten nicht zu stören. Noch heute seien die Fledermäuse dort auf dem Kirchendach zu Hause. Wieso plötzlich unter denselben Umständen solche Maßnahmen abgelehnt werden, könne er nicht nachvollziehen. Weiterer Monat im nächsten Jahr bewilligt Einen immerhin kleinen Erfolg kann der Pfarrer dennoch vorweisen. Vor einigen Wochen konnte er zumindest eine Verlängerung der zugelassenen Bauzeit bis zum 30. April 2021 bei der Naturschutzbehörde erwirken. Wie aus einem Schreiben des Bezirks hervorgeht, müssen bis zu diesem Zeitpunkt die Arbeiten im nordwestlichen Teil des Langschiffes und über dem gesamten Altarraum spätestens abgeschlossen sein, um die eintreffenden Weibchen nicht zu schädigen.

Rückendeckung erhält die Pfarrei nicht nur vom Bistum, sondern auch von der Marktgemeinde. Auch Bürgermeister Andreas Liebl sieht die Sankt-Georgskirche als „ein Wahrzeichen von Mitterfels“, das auf allen Bildaufnahmen des Ortes im Fokus steht. Aus diesem Grund habe sich auch der Markt finanziell an dem Sanierungsprojekt beteiligt und einen Zuschuss gewährt. Außerdem haben viele Mitterfelser Bürger für das Projekt gespendet. Laut Pfarrer Daschner beläuft sich der Spendenstand aktuell auf etwa 20 000 Euro. Liebl befürchtet, dass die verbleibenden Kosten auf den Markt zurückfallen könnten, sollten sich die Sanierungsmaßnahmen noch weiter verzögern. Wie Pfarrer Dominik Daschner hofft deshalb auch der Rathauschef nun auf einen möglichst gnädigen Winter.


Das ist zu tun, wenn sich unverhofft Gäste einnisten

Weltweit existieren etwa 900 Fledermausarten, von denen ein Großteil gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht ist. In Deutschland sind daher alle Arten geschützt. Möchte ein Hausbesitzer sein Gebäude renovieren und entdeckt dabei Fledermäuse, muss er sich zunächst mit der Unteren Naturschutzbehörde in Verbindung setzen. Laut dem Naturschutzbund Deutschland müssen bei einer artenschutzgerechten Haussanierung bestimmte Umstände, wie etwa die Brut- und Schwärmzeiten der Tiere, beachtet werden. Viele Fledermausarten haben einen eigenen Rhythmus, sodass im Zweifel nur eine Einzelfallentscheidung hilft. Generell müssen bei einer Sanierung jedoch die fledermausfreien Zeiten von September bis März oder April bei der Sanierung eines Sommerquartiers und im Zeitraum April bis September bei Arbeiten in einem Winterquartier beachtet werden. – sal –

 

Bericht und Bild : sal (SR-Tagblatt, 13.8.2020)