Trotz Trauma eine Zukunft haben
Mit einem positiven Ausblick auf die Zukunft beendete die Heilpraktikerin für Psychotherapie Julia U. Lermer am vergangenen Freitag ihre Darstellung der Entstehung von Traumata vor zahlreich erschienen Zuhörern im Monditreff in Mitterfels.
Man sei nicht hilflos Ängsten, Wutausbrüchen oder Depressionen ausgesetzt, sondern könne den Schrecken durch erlittene Traumata ins Positive wenden.
Die Referentin schilderte, wie erlittene Gewalt, Kriege oder Unfälle jeden Menschen traumatisieren können. Unter Trauma verstehe man eine schwere seelische Erschütterung, die mit extremer Angst und der Erfahrung von Hilflosigkeit gepaart ist. Bei vielen Menschen klinge dieser Zustand im Laufe der Zeit ab. Bei anderen aber bleibe der Ausnahmezustand bestehen. Dies bezeichne man als Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS). Symptome dafür seien Zustände, in denen Teile des Traumas wiedererlebt werden (flash backs). Viele PTBS-Belastete würden unter einer kontinuierlichen Übererregtheit leiden, die Schlaflosigkeit, Schreckhaftigkeit und Reizbarkeit hervorriefe. Ein dritter Bereich umfasse Vermeidungssymptome, die so weit gehen könnten, dass ein Mensch die Wohnung nicht mehr verlässt.
Zentral in der Psychotraumatologie sei der Begriff „Dissoziation“. Seien Schmerzen unerträglich, produziere der Körper schmerzstillende Substanzen. Diese überfluteten den Körper, während das Bewusstsein sich, ähnlich wie bei Nahtoderlebnissen, von Außen betrachte, als gehöre der Körper nicht dazu. Einen gewissen Stress könnten Menschen aushalten, wenn sie wieder in einen entspannten Zustand zurückfänden. Würde es ihnen nicht gelingen, blieben sie in einem hohen, ungesunden Stresszustand, der bei weiterer Belastung in schwere Traumazustände ausarte, aus denen man nur mit professionelle Hilfe herausfände.
Methoden, sich vor PTSB zu schützen, seien ein stressfreier Alltag, Achtsamkeitstraining und Meditation. Habe man sich früher durch das Durcharbeiten der Traumainhalte Heilungserfolge versprochen, so meide man heute die Auseinandersetzung mit den traumatisierenden Ereignissen. Man entwickle stattdessen mit dem Klienten eine positive Weltsicht, in der auch die Krankheit einen Sinn bekomme. Ziel dieser Therapie sei eine erneute Wertschätzung des Lebens durch persönliche Beziehungen zu warmherzigen Menschen und durch das Bewusstwerden eigener Stärken, mit denen der Traumatisierte neue Möglichkeiten der Lebensgestaltung ergreifen könne. um eventuell in einer neu entdeckten Religiosität den Sinn von Leben und Welt zu erfassen.
Überraschend begann dieser Abend mit mit fremden Klängen. Ameer Hani Abdulhussein, Architekt aus Bagdad, las sein Gedicht „Heimat“ auf Arabisch vor. Er stellt darin, so erfuhren die Zuhörer in der deutschen Fassung, die auf Vernichtung des Lebens ausgerichtete alte Heimat, den Irak, der neuen Heimat Mitterfels als Ort des Lebens, das auf persönliche Entwicklung ausgerichtet sei, gegenüber. Es wird darin die Hoffnung formuliert, hier eine menschenwürdige Zukunft für Kinder und Kindeskinder zu bekommen. Dies Gedicht, das im Deutschunterricht einer Gruppe entwickelt wurde, zeigt die aktuelle Brisanz der Ausführungen von Frau Lermer, die mit viel Applaus bedacht wurden.
Am Schluss wies Wolfgang Hammer, der Organisator der Vortragsreihe „Von Migration zur Integration“, auf weitere Veranstaltungen hin. Am 23. September stellen Asylanten im Mondi Treff verschiedene Projekte in Form einer Leistungsschau vor. Am 21. Oktober positionieren sich Vertreter gesellschaftlicher Gruppen zu den Möglichkeiten von Asylanten in unserer Gesellschaft.
Wolfgang Hammer
Am Freitag, 3. Juni, wird die Vortragsreihe „Von Migration zur Integration“ des Asylhelferkreises Interkulturelles Lernen Mitterfels mit einem Vortrag zum Thema „Trauma – den Schrecken überwinden“ fortgesetzt.
Es referiert die Mitterfelser Heilpraktikerin für Psychotherapie Julia U. Lermer um 19.30 Uhr im Mondi-Treff. Im ersten Teil werden die diversen Aspekte eines Traumas nach neuesten psychologischen Erkenntnissen erläutert, das traumatisierende Geschehen ebenso wie seine möglichen Folgestörungen für Körper und Seele und die aktuellenTherapiemöglichkeiten.
Der zweite Teil wird sich mit der Frage befassen, wie es Menschen gelingen kann, traumatische Erfahrungen nicht nur zu überwinden, sondern gestärkt und mit neuen Lebensperspektiven aus ihnen hervorzugehen. Der Eintritt ist frei.
Interview mit Julia U. Lermer
Am Freitag, dem 3. Juni, hält die Heilpraktikerin für Psychotherapie, Julia U. Lermer, einen Vortrag über Trauma – den Schrecken überwinden
Die Veranstaltung beginnt im Mondi-Treff (ehemaliges Haus des Gastes) in Mitterfels, Pröllerstraße 23, um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Dieses Referat findet im Rahmen der Vortragsreihe „Von Migration zur Integration“ statt, die der Helferkreis Asyl Mitterfels Interkulturelles Lernen organisiert. Die Fragen stellte Wolfgang Hammer.
Wie war Ihr Weg zur Heilpraktikerin für Psychotherapie, als die Sie in Mitterfels praktizieren?
Nach dem Abitur am Anton-Bruckner-Gymnasium in Straubing studierte ich in München an der LMU Philosophie und Psychologie. Seit meiner Jugendzeit beschäftigten mich die Fragen: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wozu sind wir hier? Ich las philosophische Bücher, liebte vor allem Goethe, Platon, Erich Fromm, C.G. Jung und Hermann Hesse und fühlte immer mehr, dass es etwas zu finden gab, wofür zu leben sich lohnte.
Ich hatte nicht den Eindruck, an der Universität befriedigende Antworten zu bekommen. So wandte ich mich zunehmend spirituellen Lehren zu. In ihnen fühlte ich mich zuhause.
Nach dem Verlassen der Universität arbeitete ich als Stewardess. Auf den Reisen besuchte ich diverse spirituelle Lehrer, meditierte nach verschiedenen Techniken und durchlief unterschiedliche Selbsterfahrungs-Trainings und -Therapien, wobei ich mich auch zunehmend wieder der Schulpsychologie zuwandte, deren Methoden ich für einen begrenzten Bereich als hilfreich erkannte. Im Jahr 2009 schloss ich meine Heilpraktikerausbildung ab und praktizierte zuerst in Straubing und seit 2014 in Mitterfels.
Wieso sehen Sie Chancen darin, als Traumatisierter neuen Lebensmut zu gewinnen?
Trauma ist aus unserem gegenwärtigen Leben nicht wegzudenken. So kann man Lebensmut eigentlich nur haben, wenn man diese Bedingung unserer körperlichen und seelischen Verletzbarkeit leugnet, oder indem man sich ihrer bewusst ist und dennoch das Leben genießt. Trotz Trauma Lebensmut zu haben, das gelingt dem, der die Sinnhaftigkeit des Daseins verspürt und ein Urvertauen besitzt. Den wird ein Trauma nur sehr kurzfristig erschüttern.
Wenn man sein Trauma leugnet oder nicht zur Kenntnis nimmt, wirkt es belastend weiter. Ist man dann einer weiteren Traumatisierung ausgesetzt, bekommt man durch sie die Möglichkeit, seinen Lebensentwurf und seine Glaubensüberzeugungen zu überdenken und in sich nach der Quelle allen Lebens und nach der inneren Anbindung an das Göttliche zu suchen.
Erziehung war und ist häufig mit Gewaltausübung verbunden. Wie schätzen Sie die Folgen solcher Erziehung ein?
Jede Form, einem anderen Wesen unseren Willen aufzuzwingen, ist Gewalt. Unsere ganze heutige Gesellschaft ist geprägt von dem Prinzip „Gewalt über andere“ zu bekommen, also dem Täter-Opfer-Prinzip.
Es neigen manche Eltern bei Ärger oder Wut zur Anwendung körperlicher Gewalt. Verbale Gewalt und emotionale Kälte können jedoch in der Kindererziehung ebenso große Schäden wie Schläge. Da die allgemeine Belastung der Eltern durch Beruf und Lebensorganisation hoch ist, greifen viele wegen ihrer Überforderung zur Gewalt. Die Schäden, die daraus entstehen, begleiten einen Menschen lebenslang.
Ein Kind braucht Liebe, Geborgenheit, Lebensfreude und Anerkennung, also die Botschaft: „Die Welt ist ein guter Platz, ich bin in Ordnung und willkommen.“ Auf der Basis dieser Botschaft kann die elterliche Erziehung einschränkend und belehrend wirken und das Kind dann zunehmend in Freiheit und Selbstverantwortung entlassen.
Wie soll man sein Leben angesichts drohender Kriege gestalten?
Ich denke nicht, dass es zu einem weiteren Weltkrieg im klassischen Sinn der Kriegsführung kommen wird. Eine subtilere Art des Weltkrieges, mit weitaus perfideren Waffen findet jedoch bereits statt. Dieser Krieg zielt sowohl ab auf die Schädigung der menschlichen Lebensgrundlagen wie Wasser, Atemluft und Lebensmittel, als auch auf die negative Beeinflussung des menschlichen Verstandes durch mindcontrol-Projekte. Diese Bedrohung wirkt unterschwellig als diffuse Verunsicherung, Unruhe oder sogar Angst. Angststörung ist derzeit die häufigste psychische Störung in Deutschland.
Wie soll man nun in einer solchen Situation sein Leben gestalten?
Die Gestaltung des eigenen Lebens war und ist bei vielen Menschen viel zu sehr vom Kopf bestimmt, meist nach von der Gesellschaft vorgegebenen Kriterien, wie ein erfolgreiches Leben auszusehen hat. Dabei galt schon immer die alte Weisheit:“ Der Mensch denkt und Gott lenkt!“ Und das Göttliche lenkt tatsächlich jeden Menschen durch die sogenannte innere Stimme, das innere Wissen, das wahre Gewissen – im Unterschied zu einem durch religiöse Dogmen oder moralisierende Gesetze verzerrten Gewissen.
Das Gebot der Stunde ist mehr denn je die Gestaltung des eigenen Inneren, die äußere Lebensgestaltung wird sich entsprechend daraus ergeben.
Im Einzelnen bedeutet das umfassende Psychohygiene, also zügige Aufarbeitung aller „alten
Geschichten“ allein oder mit therapeutischer Unterstützung und die Ausmerzung möglichst vieler Stressfaktoren aus dem persönlichen Alltag durch Besinnung auf das Wesentliche.
Wir sollen also unser Leben von innen heraus „stimmig“ gestalten. Voraussetzung dafür ist ein möglichst stressfreier Alltag und innere Klarheit.