„Das verschwundene Syrien“

Vortrag von Kulturkuratorin Birgit Gigler

Die Vortragsreihe im Monditreff „Von Migration zur Integration“ zum Thema „Kriege und Flüchtlinge“ hat mit einem Bildervortrag von Kulturkuratorin Birgit Gigler über Reisen in das „alte“ Syrien begonnen.

Gigler bereiste Syrien und die historischen Räume Nordafrikas und Kleinasiens seit den 90er-Jahren und stellte Kulturstätten und Ausgrabungsgebiete, aber auch Landschaften und Menschen in den Mittelpunkt ihres Vortrags. Dieser Blick in die Heimat, auf die Vergangenheit und Schönheit der alten Kulturstätten war vor allem für die Asylsuchenden in Mitterfels, die zahlreich gekommen waren, mit Wehmut und Trauer verbunden. Denn es wurde deutlich, wie groß der Verlust durch die Zerstörung der Kulturgüter in Syrien ist.

Die Kulturkuratorin begann mit einer Überraschung: ein Prachtstück aus dem Straubinger Gäubodenmuseum, der orientalische Gesichtshelm eines Soldaten in römischem Dienst, war Eigentum eines syrischen Bogenschützen. Gigler erzählte von der Sesshaftwerdung der Syrer im Dreistromland zwischen Euphrat und Tigris, von Ackerbau und regem Handel, von der landschaftlichen Schönheit und 2000 Jahre alten Kulturschätzen wie den Tontafeln in Keilschrift und dem ältesten Alphabet der Welt. Die Zuhörer reisten mit in die Wüstenstadt Palmyra, in das Handelszentrum Aleppo, in das von Palmen umgürtete Damaskus mit seiner Seidenweberei und dem berühmten Archäologischen Museum. Man sah unter anderem Bilder von christlichen Steinkirchen, von Festungen, Tempeln, Palastfassaden und Säulenreihen in riesenhaften Dimensionen. Kirchen und Moscheen stünden häufig dicht nebeneinander, sagte Gigler. „Ein Beweis, dass die Religionen friedlich miteinander lebten.“ Interessant auch, dass die Skelettbauweise unserer gotischen Kirchen ihre Ursprünge in syrischer Festungsarchitektur hat. Unter so manchem Hügel in der Landschaft verbergen sich bis heute Fürstengräber und uralte Städte mit ungehobenen Kunstschätzen. Aber vieles, wie der berühmte Baaltempel oder die Wasserräder in Hamar, sei heute zerstört, so Gigler. 150 Jahre seien syrische Bogenschützen im Dienste der Römer an der Donau gewesen. „Gut vorstellbar, dass in so manchem Niederbayer syrische Gene vorhanden sind.“

Diese Vortragsreihe soll zeigen, dass der Monditreff nicht nur ein Hort für Asylsuchende und Deutschlernende sei, sondern dass hier die Möglichkeit geboten sei, ein kleines Kulturzentrum zu etablieren, betonte Hammer, Initiator und engagiertes Mitglied des Interkulturellen Asylhelferkreises.

Bogener Zeitung, erö, 08.04.2016