Lieder im Zusammenhang mit dem Abschied aus dem irdischen Leben gehörten einst zum brauchbezogenen Singen, in der Gegenwart hat dies aber fast keine Bedeutung mehr – ein ganzer Liedbereich wurde somit vergessen.
Franz Schötz, Leiter der Volksmusikstelle für Niederbayern und die Oberpfalz, hat diese Lieder jetzt in den Mittelpunkt eines gemeinsamen Singens in der historischen Hien-Sölde in Mitterfels gestellt. Eine ganze Reihe an Sängern war gekommen, und auch Teilnehmer aus dem benachbarten BRK-Seniorenzentrum waren dabei.
Der Brauch der Totenwache mit Gebeten und Liedern war im deutschsprachigen Süden in verschiedenen Ausprägungen üblich, heute hört man hauptsächlich noch aus einigen Gegenden Österreichs davon. Im nachbarlichen Kreis tröstete man die Hinterbliebenen mit Liedern aus der musikalischen Volksüberlieferung über die schweren Stunden der Trennung hinweg.
Auch in der heutigen Zeit, in der das Sterben oft geschäftsmäßig abgewickelt wird, ist die positive Wirkung des gemeinsamen Singens nicht zu unterschätzen. Das gemeinsame Singen in der Hien-Sölde sollte diesen Brauch wieder aufleben lassen. Die unter Leitung und Gitarrenbegleitung von Franz Schötz gesungenen Lieder stammen aus verschiedenen Sammlungen, zum Beispiel von Konrad Schierling, welcher diese zum Teil in deutschen Sprachinseln im Ausland, unter anderem im Banat, Russland und bis in Brasilien gefunden hat. Die Lieder, wie „Auf Erden ist kein bleibend Glück“ oder „Alle Menschen müssen sterben“, zeigen mit ihren Texten, dass der Abschied zum Leben dazugehört und dass in früheren Zeiten unverkrampfter damit umgegangen wurde.
Auch volkstümliche Totenlieder aus fränkischen und österreichischen Gegenden wurden gesungen; untermalt wurden sie durch interessante Erläuterungen und Erzählungen von Franz Schötz. Mit „Gute Nacht, o Welt, nimm hin mein Herbergsgeld“ aus dem Fanderl-Liederbogen wurde der Liederabend abgeschlossen, der sich besonders mit dem Verlassen und dem Abschied und Verlassen befasst hat.
Bogener Zeitung , 26.11.2015