Bayerischer Wald - Böhmerwald : Mensch und Geschichte
Der Böhmerwald, wo er am einsamsten ist - Die Rachelhütte (Roklanská chata)
Zwischen Pürstling und dem Rachel, unweit der Landesgrenze zu Bayern, lag das höchstgelegene bewohnte Gebäude im Böhmerwald. Auf einer Lichtung mitten in den schier unendlichen Wäldern und ausgedehnten Mooren wurde das Haus von der fürstlichen Herrschaft Schwarzenberg um 1804 erbaut. Es stand am östlichen Rand des Bärensteindls (Medvĕdi hora - 1224 m) am linken Ufer des Rachelbaches in 1180 Meter Höhe.
Der Förster in der Rachelhütte hatte den Holzeinschlag und die Trift zu organisieren, und er bezahlte die Arbeiter nach geleisteter Arbeit aus. Die fürstlichen Förster wurden damals als Verkörperung der Grundobrigkeit angesehen. Für die Holzhauer waren sie noch lange der „gestrenge“ und der „gnädige“ Herr oder auch der „Herr Vater“. Im Sommer war die Waldlichtung mit Leben erfüllt. Es konzentrierte sich die Arbeit auf das Fällen der Bäume mit Axt, Zugsäge und Buchenholzkeilen. Die Stämme wurden entastet und entrindet, dann in Blöcher und Scheite geschnitten. Pferde und Ochsen rissen die Stämme zu den Lagerplätzen. Von hier aus wurden sie im Winter mit Schlitten an die Ufer der Schwellen und Bäche gezogen. Es fuhren immer mehrere Schlitten zusammen, um bei Gefahr mit vereinten Kräften helfen zu können. Schneite es im Winter viel, schneite es den Holzhauern auch Geld, denn beim Holzziehen verdienten sie dreimal so viel als bei den übrigen Arbeiten. Mit den großen Hörnerschlitten musste das Scheitholz und die Blöcher zu Tal geschafft werden. Etwa drei Festmeter, das war ein Gewicht von fast 2 Tonnen, wurden mit Ketten und Stricken auf dem Schlitten festgebunden. Mit dem „Krall“ (Kralle) und einem „Anhang“ als Bremse ging es mit eigener Kraft, Geschicklichkeit und Gottes Hilfe abwärts. Bei hohem Schnee benutzten die Holzhauer auf dem Weg zur Arbeit zwar Schneeschuhe, aber nicht bei der eigentlichen Waldarbeit. Lederschuhe konnten sich die wenigsten leisten, sie haben sich ihre Füße mit Lappen eingewickelt, sie trugen Holzschuhe mit Schafwollstrümpfen oder Filzstiefel. Auch selbstgemachte Handschuhe waren üblich. Das Reisig wurde gebündelt und die Rinde in Gerbereien verwendet. Holz war der Reichtum des Böhmerwaldes, alles hat man genutzt. Die Triftsaison begann mit der Schneeschmelze im April. Das „Schwemmen“ bezog sich auf Scheitholz, während man unter „Triften“ das Schwemmen von „Blöchern“ oder einzelnen Stämmen verstand. Wurden die Stämme zu einem Floß zusammengefügt sprach man vom „Flößen“. Aber mit dem Höhepunkt des Schwemmens kam auch schon die Konkurrenz: Kohle, Straßen und Eisenbahn. Hochwertige, astfreie Stämme mit engen Jahresringen übernahm gegen gute Bezahlung die Bienertsäge in Mader.
Die Bienertsäge
1826 kaufte Franz Bienert von Jakob Grubert in Mader (Modrava) eine Mühle und baute sie zu einem Sägewerk um, in dem er Resonanzholz verarbeitete. Damit hat auch der Aufstieg Maders begonnen, wo sich die Sägearbeiter und Holzhauer niederließen. In der Bienertsäge waren über 100 Arbeiter beschäftigt. Der Rachelbach hieß früher nach dieser ehemaligen Mühle „Müllerbach“. Der Transport des Resonanzholzes nach Mader war schwierig. Die primitiven Holzfuhrwerke hatten auf den schlechten Waldwegen Anfahrten bis zu 50 km. Nach dem Tode von Franz Bienert 1866 führte seine Frau den Betrieb noch 10 Jahre weiter, ehe sie ihn an Fürst Jan Adolf Schwarzenberg verkaufte. Die Sturmkatastrophe 1870 und die anschließende Borkenkäferinvason haben den Böhmerwald so verändert, dass kaum mehr hochwertiges Resonanzholz mit engen Jahresringen zu bekommen war.
Das Trampus-Kreuz
Am alten Weg von Mader nach Pürstling steht heute noch zur Erinnerung an die Försterfamilie Trampus das „Trampus-Kreuz“. Das Kreuz befindet sich in der ehemaligen, 1195 m hoch gelegenen Holzhauersiedlung „Josefstadt“, die nur während der schneefreien Monate von Holzhauern mit ihren Familien, Kühen, Ziegen und Hühnern bewohnt wurde. Zuhause waren diese Menschen z. B. im weit entfernten Langendorf (Dlouhá Ves) bei Schüttenhofen, Die Siedlung mit 13 einfachsten Holzhäusern ist wahrscheinlich um 1800 entstanden, nachdem Fürst Schwarzenberg große Waldungen erworben hatte. Verschwunden ist sie wieder Ende der 1880er Jahre. Ich habe eine alten Karte von 1894, dort ist sie noch eingezeichnet.
Der 1780 bei Vimperk geborene Augustin Trampus war von 1811 bis 1846 im Dienst der Schwarzenberger Herrschaft und war 19 Jahre lang Revierleiter in Pürstling. Sein 1823 geborener Sohn Josef war zunächst Forstgehilfe in Mader und Pürstling und wurde erster Förster in der Rachelhütte.
Quellen: E.Zemanová:“Šumava-Roklanská ve vzpominkách (Erinnerung an das Rachelforsthaus), Teplice v Čechách 2011; Zdenĕk Roučka: „Šumavou“, ZR & T 2008;
Fotos und Repros: H. Aschenbrenner