Die Burg auf dem Osser - Gab es sie wirklich?

Geschichte des Bayer. Waldes Zugriffe: 11528
Es liegen geschichtliche Erkenntnisse über eine Burg auf dem „Obser“ vor, die auf der ältesten bayerischen Landkarte, nämlich der Grenzkarte von 1514, zu sehen und auf dem Gelände des heutigen Schutzhauses zu vermuten ist. Die genaue Ausdehnung der sicherlich nicht sehr umfangreichen Anlage lässt sich heute im Gelände nicht mehr erkennen.

 Es ist auch unklar, ob der Zugang aus Richtung Lohberg, Lam oder aus Böhmen erfolgte. Ich möchte versuchen, Antworten auf die Fragen zu geben, wann, von wem und warum die Burg auf dem Osser erbaut wurde. Ebenso fehlen auch Hinweise auf die einstige Bebauung. Die einzige Ansicht auf der Grenzkarte zeigt einen Turm und einem Anbau. Diese Darstellung darf aber nicht überbewertet werden.

 

Etwa seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhundert gehörten riesige Waldungen von der Donau bis zur böhmischen Grenze den Grafen von Bogen, einem damals mächtigen Herrschergeschlecht. Albert III. (1165-1197) begann 1193 mit dem Bau von Burgen in diesem Grenzraum auf dem Hohenbogen, Lichtenegg und wahrscheinlich auch auf dem Osser, um sein Herrschaftsgebiet abzusichern. Einige Keramikfunde auf dem Osser aus dem 12. Jahrhundert stützen diese Einschätzung. Damals – in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, als Friedrich Barbarossa Kaiser war - entstanden unter den Markgrafen von Cham und den Grafen von Bogen zahlreiche Burgen auf den Bergen in unserem Raum. Es waren wohl auch gegenseitige Machtdemonstrationen. Sicherlich waren es noch einfache Bauten, von denen einzelne bald wieder dem Verfall preisgegeben wurden.Nachgezeichnete Grenzkarte von 1514 mit einer Burg auf dem Gr. Osser

Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass es sich bei der Burg auf dem Osser um eine Wohnburg handelte, die hoch über einem Waldgebiet stand, das weit und breit ein Urwald war. Lam wird erstmals 1279 in einer Urkunde erwähnt, als Ort „zwischen Ozzer, Adwich und Dwerheke“ (Osser, Arber und Zwercheck), also nahezu hundert Jahre nach dem vermuteten Burgbau. Es kann auch ausgeschlossen werden, dass es sich um eine Fluchtburg handelte. Es gab damals im weiten Umkreis keine Menschen, die dort Unterschlupf in Gefahrenzeiten hätten suchen müssen. Der bekannte Böhmerwaldforscher Josef Blau und andere sehen in Graf Albert III. von Bogen den Erbauer der Osserburg. Bereits 1184 heiratete dieser die böhmische Herzogstochter Ludmilla, die ihm ein breites Stück des Böhmerwaldes als Mitgift mitbrachte. Josef Blau ist daher der Ansicht, dass die Osserburg als eine „Nachrichtenübermittlungsstation“ gedient hat. Er schreibt: „ Die beiden Landgebiete der Bogener, das bayerische und das böhmische, waren durch den hohen Böhmerwald voneinander getrennt. Sie brauchten einen, beide Gebiete überschauenden Punkt, von dem aus nach beiden Seiten Zeichen gegeben werden konnten, bei Tag durch Rauchzeichen, bei Nacht durch Feuer“. Der nördlichste Herrschaftsbereich der Grafen von Bogen wurde in Böhmen durch die Burg Rabi, 10 km nördlich von Schüttenhofen, markiert. Vom Osser aus besteht bis Rabi eine Sichtverbindung, ebenso wie zur Burg der Bogener auf dem Hohenbogen.

Als nach dem Tode ihres Gemahls Ludmilla 1204 Herzog Ludwig von Bayern (den Kelheimer) heiratete, fiel der ehemalige Bogener Waldbesitz an Bayern. Von einem Weiterbau an der Osserburg ist aus dieser Zeit aber nichts bekannt. In einer späteren Schenkungsurkunde von 1279, in welcher der Waldbesitz an das Kloster Rott am Inn übertragen wurde, wird hier nur ein Waldgebiet erwähnt, in dem Rodungen durchgeführt werden sollen.

Schriftliche Nachweise einer Osserburg gibt es erst ab dem 16. Jahrhundert. Neben der ältesten Grenzkarte von 1514 wird in einer Grenzbeschreibung von 1512 „das ödslos“ erwähnt. 1569 wird die Ruine in einer Grenzbeschreibung „das Osserhaus oder Schloß, so vor Jahren allda gestanden“, genannt. Von einem alten, eingefallenem Schloss ist 1637 die Rede und 1650 heißt es: „Das alte Schloss auf dem osserberg, allwo die alten Gemäuer, vnnd theils Fenster noch sichtbar stehen…“ Auch die Grenzbeschreibung von 1654 spricht von einem „…noch woll erkhenndlichen alten Schloss, findet sich zur rechten Hand ein großer unbeweglicher Stein, darin auch ein „+“ gehauen ist, ein wenig aufwärts ist abermahl ein großer Stein rechter Hand hart am Schloss, darin ein churfürstl. Wappen gehaut…““. Letztmals wird auf einer Grenzkarte von 1708 eine Osserburg erwähnt („allwo Alte gemäuer von einem Schloss zu sehen seindt“).

Es wird auch über eine zweite Burg berichtet, die auf dem Kleinen Osser gestanden haben soll. Ph. Appian zeichnete sogar diese Burg in seinen Landtafeln ein. Obwohl es keinerlei Anhaltspunkte (Mauerreste, Keramikfunde, Eisenteile) für eine Burg auf dem Kl. Osser gibt, wird eine solche Anlage erwogen, die unter Herzog Otto II. d. Erlauchte (1206-1253) errichtet worden sein soll. Otto war der Sohn von Herzog Ludwig und Ludmilla.

Nachgezeichnete Grenzkarte von 1514 mit einer Burg auf dem Gr. Osser 

Zusammenfassend kann man sagen, dass auf dem Gr. Osser schon 100 Jahre vor der Besiedlung der Umgebung eine kleine Burganlage oder ein Wachturm stand. Ob diese Anlage jemals vollendet wurde, ist nicht zu sagen. Jedenfalls begann der Verfall schon sehr früh. Schriftliche Nachweise der Ruine gibt es ab dem 16. Jahrhundert.

 

So könnte die einfache Burg auf dem Gr. Osser ausgesehen haben (Foto aus der Fränkischen Schweiz) 


Repros und Fotos: H. Aschenbrenner

 

Quellen: B. Ernst: „Burgenbau in der südöstlichen Oberpfalz“ Teil II (2003); Verlag Dr. Faustus Büchenbach; U. Winkler: „Zwischen Arber und Osser“ (1981), Verlag Morsak; H. Schnabl: „Schloss und Hofmark Lichteneck“ (1992), Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham Bd. 9;


 

Bericht und Bilder :  Dr. Hans Aschenbrenner