Of­fe­ne Ge­sprächs­run­de zum The­ma „To­le­ranz“

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„Es geht um den Men­schen und nicht um die Norm“

Seit Juli 2017 wird in der historischen Hien-Sölde alle zwei Monate über ein aktuelles Thema diskutiert. Initiatoren sind neben dem AK Heimatgeschichte auch der Bayerische Wald-Verein und der Museums-Förderverein.

Auf der Tagesordnung des vierten offenen Gesprächs stand jetzt das aktuelle Thema „Toleranz“, ein komplexer Begriff, der aber nicht so leicht zu definieren ist, wie sich im Lauf des Abends herausstellte. Das Wort „Toleranz“ wird heute oft und gerne gebraucht. Dabei handelt sich um einen jener Begriffe, die gelegentlich daraufhin überprüft werden sollten, ob sie überhaupt noch gültig sind. „Tatsache ist, dass sich die Bedeutung abstrakter Begriffe im Laufe der Zeit wandelt oder ganz verloren geht“, meinte Herbert Becker vom AK Heimatgeschichte, der den Abend moderierte.

Toleranz, abgeleitet von dulden, erdulden, sei ein abstrakter, zeitabhängiger Begriff, der auch mit Machtverhältnissen zu tun habe. Becker brachte ein Beispiel: Das Toleranz-Edikt des römischen Kaisers Konstantin hatte die Tolerierung der Christen zum Inhalt. Toleranz habe immer auch etwas mit Akzeptanz gegenüber Andersgläubigen zu tun. Doch gebe es auch Länder wie Indien, die nur nach außen wirklich tolerant seien. Während in früheren Jahrhunderten die Kirchen das „rechte Maß“ festgelegt hätten mit einem sehr geringen Spielraum, setzten heute vielfach die modernen Medien die Normen fest. Inzwischen habe jede Gesellschaftsschicht ihren eigenen Verhaltenskodex. In der offenen Diskussion wurden viele Fragen gestellt: Gibt es Grenzen der Toleranz? Kann und soll man alles tolerieren? Wie wirken sich Toleranz und Intoleranz im Internet aus? Was können Mann oder Frau tolerieren?

Klar wurde: Toleranz hat viel mit Vorurteilen zu tun und ist meist eine Frage der persönlichen Einstellung. Eine klare Linie sei zwar in der Technik oder in der Gesetzgebung, nicht aber im zwischenmenschlichen Bereich möglich. Die Frage stelle sich: Wie weit darf man abweichen von der Norm? Gefragt wurde auch, ob das Verhalten eines Politikers wie Donald Trump oder einer Partei wie der AfD tolerierbar sei. Hier kam der Begriff „Political Correctness“ ins Spiel. Sie schlage heute oft in Intoleranz um. Doch müsse Intoleranz nicht zwangsläufig negativ zu verstehen sein.

Wichtig sei es, bereits Jugendliche in Toleranz zu schulen, wozu auch Achtung und Respekt vor dem anderen gehören. Man war sich am Ende der Veranstaltung einig: Strafbares Verhalten ist nicht tolerierbar und Toleranz ist nur möglich zwischen Gleichgesinnten, die Verständnis für den anderen und seine Lebensform haben. Denn grundsätzlich geht es immer um den Menschen und seine persönliche Einstellung. Das nächste offene Gespräch im März wird die Energie der Zukunft zum Thema haben.

Bericht: erö (SR-Tagblatt, 19.1.2018)